Ludwig Rubiner an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Zürich · 1. Oktober 1918

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Mus.ep. L. Rubiner 28 (Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4287
1. Okt. 1918.

Lieber Verehrter!

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Welch ein Missverständnis,!, das ich, bevor
ich Sie sehe, schnell aufklären will.

Der Nachsatz meines Briefes Offenbar ebensowenig erhalten wie eine eventuelle Erwiderung Busonis. enthielt nicht
den Gedanken, dass Sie als Schriftsteller weniger
hochstehen wie als Musiker! (ich gebrauche hier
Ihre eigenen Worte.) Nein, dächte ich das, so
wäre ich ein dummer Tropf, oder der Verkehr
mit Ihnen Schwindel. Beides schliesse ich aus
der Erwägung aus.

Der Nachsatz sollte sagen, dass Sie selbst
Ihre Tätigkeit als Schriftsteller weniger hoch
stellen wie die als Musiker, weniger peinlich
genau nehmen, und die Sprache eigentlich eherleichter
als ein Objekt zu Ihnen selbst unwichtigen
Scherzen behandeln, was Sie mit der Musik – wenn Sie
sie fixieren sollten – nie tun würden. Während
Sie doch in Wahrheit beides gerade so natürlich
und aufwühlend beherrschen (wie es bei Ihrer
Persönlichkeit auch selbstverständlich ist); Beweis:
Die Scene zwischen Arlecchino und dem Vater. Es ist unklar, worauf sich Rubiner bezieht (in Busonis Oper Arlecchino oder Die Fenster ist weder die Rolle eines „Vaters“ vorgesehen, noch auch eine Figur, die „Vater“ genannt werden könnte).

Ich glaube, das Missverständnis
ist gelöst. Überdies hat mir noch Goetz eine geradezu
beglückende Correctur berichtet: Statt „Faust, ein ewiger
Begriff“
„ein ewiger Wille“. So Fausts letzte Worte im Libretto zu Busonis Oper Doktor Faust. Ja, das ist es. So meinte ich
meinen Nachsatz. In herzlicher Freundschaft Ihr Rubiner.

1. Oktober 1918.

Lieber Verehrter!

Welch ein Missverständnis,!, das ich, bevor ich Sie sehe, schnell aufklären will.

Der Nachsatz meines Briefes Offenbar ebensowenig erhalten wie eine eventuelle Erwiderung Busonis. enthielt nicht den Gedanken, dass Sie als Schriftsteller weniger hochstehen wie als Musiker! (Ich gebrauche hier Ihre eigenen Worte.) Nein, dächte ich das, so wäre ich ein dummer Tropf, oder der Verkehr mit Ihnen Schwindel. Beides schließe ich aus der Erwägung aus.

Der Nachsatz sollte sagen, dass Sie selbst Ihre Tätigkeit als Schriftsteller weniger hoch stellen wie die als Musiker, weniger peinlich genau nehmen, und die Sprache eigentlich leichter als ein Objekt zu Ihnen selbst unwichtigen Scherzen behandeln, was Sie mit der Musik – wenn Sie sie fixieren sollten – nie tun würden. Während Sie doch in Wahrheit beides gerade so natürlich und aufwühlend beherrschen (wie es bei Ihrer Persönlichkeit auch selbstverständlich ist); Beweis: die Szene zwischen Arlecchino und dem Vater. Es ist unklar, worauf sich Rubiner bezieht (in Busonis Oper Arlecchino oder Die Fenster ist weder die Rolle eines „Vaters“ vorgesehen, noch auch eine Figur, die „Vater“ genannt werden könnte).

Ich glaube, das Missverständnis ist gelöst. Überdies hat mir noch Goetz eine geradezu beglückende Korrektur berichtet: Statt „Faust, ein ewiger Begriff“„ein ewiger Wille“. So Fausts letzte Worte im Libretto zu Busonis Oper Doktor Faust. Ja, das ist es. So meinte ich meinen Nachsatz.

In herzlicher Freundschaft

Ihr Rubiner.

                                                                
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Rubiner.
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
Nachlaß Busoni B II
Mus.ep. L. Rubiner 28

Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4287-Beil.
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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4287 | olim: Mus.ep. L. Rubiner 28 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten; Umschlagaufriss ohne Textverlust.
Umfang
1 Bogen, 1 beschriebene Seite
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ludwig Rubiner, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Vmtl. Hand des Empfängers Ferruccio Busoni, der auf der Umschlagrückseite die Zuordnung
  • Rubiner
  • und das Datum mit Bleistift notiert hat.
  • Hand des Archivars, der die Signaturen mit Bleistift eingetragen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 1234

Zusammenfassung
Rubiner bemüht sich, seine Hochschätzung auch des Dichters Busoni klarzustellen; begrüßt in Busonis Doktor Faust die veränderten Schlussworte der Titelpartie.
Incipit
Welch ein Missverständnis,!, das ich

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
21. Januar 2017: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition