Wie bedaure ich doch, daß
ich nicht mehr Chef des
Klavierspiels in Basel bin,
um meine ganze Begeisterung
für Ihre geradezu genialen
Studien der jungen Klavier⸗ welt hergeben zu kön̅en!
Da läuft Nichts, wie sonst
bei solchen Handwerksgeschichten
oder bei den unlenksamen
Pädagogen auf einer zweischienigen
Bahn, auf der man Niemandem
ausweichen kan̅. Auf jeder
Seite strahlen mir neue
pianistische Ideen entgegen;
es sind gleichsam zukünftige
Wie bedaure ich doch, dass
ich nicht mehr Chef des
Klavierspiels in Basel bin,
um meine ganze Begeisterung
für Ihre geradezu genialen
Studien der jungen Klavierwelt hergeben zu können!
Da läuft nichts wie sonst
bei solchen Handwerksgeschichten
oder bei den unlenksamen
Pädagogen auf einer zweischienigen
Bahn, auf der man niemandem
ausweichen kann. Auf jeder
Seite strahlen mir neue
pianistische Ideen entgegen;
es sind gleichsam zukünftige
Wahrheiten, die sich die begabten
Lehrer, wie ein neues Testament,
aneignen müssen! Zum richtigen
Studium dieser wundervollen
Ausgaben soll das letzte Ziel sein,
die Antipathien und Sympathien
für die Werke herauszuhören,
singen und weinen lernen und
sogar eine physisch-schwache Hand
zum Nachahmen aller instrumentalen
Schönheiten zu bringen! Als ich
heute Morgen vor diesen
Seiten zuerst buchstabierte, dann
zusammensetzte und endlich siegreich
das Gewollte lesen konnte, so
hatte ich für mich ein kleines
aber schönes Erlebnis: ein
idealer Abklang meiner eigenen
pädagogischen Vergangenheit
(in kleineren Verhältnisen!) und eine
künstlerische Vision in kommende
Zeiten! Für diesen Genuss kann
ich Ihnen nicht genug danken und
bin gar nicht überrascht, dass Sie
selbst mit Hingebung und mit Lust
an die Fortsetzung gehen. Mögen
uns Tausende von besseren Kollegen
zur Seite stehen!
Mein Vitznauer Aufenthalt
ließ sich nicht gut an. Die
Die lästige Diabetis hat mich bis
zu 2½ Prozente gepackt, und in
diesem Zustande ermüdet mich
die kleinste Aufgabe. Aus diesem
Grunde erhielten Sie auch noch
keine Antwort auf den Locarneser Brief. Derselbe liegt aber wie
ein – im besseren Sinne gedachter –
Gesslerhut auf meinem Pulte
und liegt neben dem letzten
Schreiben von unserem armen
Wolfrum! Der eine atmet
frisches und gesundes Leben, der
andere mahnt mich an das
Dies irae!
Sobald es aber besser wird,
will ich fleißger und ausführlicher
schreiben.
Unterdessen meine Bewunderung
und meine Freundschaft
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2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
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Wahrheiten, die sich die begabten
Lehrer, wie ein neues Testament,
aneignen müßen! Zum richtigen
Studium dieser wundervollen
Ausgaben soll das letzte Ziel sein,
die Antipathien & Sympathien
für die Werke heraushzuhören,
singen & weinen lernen &
sogar eine physisch-schwache Hand
zum Nachahmen aller instrumentalen
Schönheiten zu bringen! Als ich
heute Morgen hintervor diesen
Seiten zuerst buchstabirte, dan̅
zusam̅ensetzte & endlich siegreich
das Gewollte lesen kon̅te, so
hatte ich für mich ein kleines
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(in kleineren Verhältnißen!) & eine
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3Diplomatische Umschrift
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[2]
Zeiten! Für diesen Genuß kan̅
ich Ihnen nicht genug danken &
bin gar nicht überrascht, daß Sie
selbst mit Hingebung & mit Lust
an die Fortsetzung gehen. Mögen
uns Tausende von beßeren Kollegen
zur Seite stehen! –
Mein Vitznaueraufenthalt
ließ sich nicht gut an. Die
Die lästige Diabetis hat mich bis
zu 2½ Prozente gepackt & in
diesem Zustande ermüdet mich
die kleinste Aufgabe. Aus diesem
Grunde erhielten Sie auch noch
keine Antwort auf den Locarneser⸗ brief. Derselbe liegt aber wie
ein – im beßeren Sin̅e gedachter
Gesslerhut auf meinem Pulte
& liegt neben dem letzten
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Wolfrum! Der eine athmet
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Dies irae!
Sobald es aber beßer wird,
will ich fleißger & ausführlicher
schreiben.
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2311 | olim:
Mus.ep. H. Huber 85 (Busoni-Nachl. B II)
|
Brief von Hans Huber an Ferruccio Busoni (Vitznau, 28. Mai 1919), bearbeitet von Christian Schaper, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Hans Huber, hrsg. von Christian Schaper und Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Oktober 2017: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0100252 (2. November 2017: in Bearbeitung)
Download der bereinigten Lesefassung im PDF-Dateiformat (.pdf)
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<title xml:lang="de">Brief von Hans Huber an Ferruccio Busoni (Vitznau, 28. Mai 1919)</title>
<title xml:lang="en">Letter by Hans Huber to Ferruccio Busoni (Vitznau, 28 May 1919)</title>
<author key="E0300125">Hans Huber</author>
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<surname>Becker</surname>
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<resp>Digitization by</resp>
<orgName key="D-B">Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz</orgName>
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<publisher>Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin</publisher>
<pubPlace>Berlin</pubPlace>
<date when-iso="2017-10"/>
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<title type="main">Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften</title>
<title type="genre">Briefe</title>
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<editor key="E0300314">Christian Schaper</editor>
<editor key="E0300313">Ullrich Scheideler</editor>
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<collection>Nachlass Ferruccio Busoni</collection>
<idno>Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2311</idno>
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<idno type="D-B.olim">Mus.ep. H. Huber 85 (Busoni-Nachl. B II)</idno>
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<docDate><date when-iso="1919-05-28"/></docDate>
<incipit>Wie bedaure ich doch</incipit>
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<handNote xml:id="major_hand" scope="major" medium="black_ink" scribe="author" scribeRef="#E0300125">Hand des Absenders Hans Huber, Brieftext in schwarzer Tinte, in deutscher Kurrentschrift.</handNote>
<handNote xml:id="archive" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und die Foliierung vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="archive_red" scope="minor" medium="red_pen" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen und einen Nummerierung eingetragen hat</handNote>
<handNote xml:id="dsb_st_red" scope="minor" medium="red_ink" scribe="archivist">Bibliotheksstempel (rote Tinte)</handNote>
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<p>Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.</p>
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<p>Worttrennungen an Zeilenumbrüchen im Original mit Doppelbindestrichen (⸗).</p>
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<p>Alle im Text vorkommenden Interpunktionszeichen wurden beibehalten und werden in der diplomatischen Umschrift wiedergegeben. Bei Auszeichnung durch XML-Elemente wurden umgebende Satzzeichen nicht mit einbezogen.</p>
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<p>Anführungszeichen wurden i. d. R. nicht beibehalten; die Art der Zeichen wurde im Attribut <att>rend</att> der entsprechenden Elemente codiert.</p>
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<p>Die Übertragung folgt den Editionsrichtlinien des Projekts. <ptr target="http://www.busoni-nachlass.org/E1000003"/></p>
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