Ludwig Rubiner an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Berlin · 8. Juli 1919

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8. Juli 1919.

Carissimo Ferruccio!

Als Vorboten ausführlicher Briefe
zuerst eine Karte. – Nichts von dem
ungeheuren Strom, in dem hier die
Dinge sind, möchte ich je verloren haben.
Es macht müde und glücklich. – Dann:
Junge Menschen, schöne Menschen (!) gesehen,
gefunden, die früher nie waren, nie so. Rubiner hatte mit Johannes R. Becher und Arthur Holitscher im Frühjahr 1919 den Bund der proletarischen Kultur gründet (vgl. Sheppard 2000, S. 261–263).
Endlich Wesen, die zu einem gehören,
wissend – unsere Sprache sprechen – und
für die man wohl in früheren Jahren – (einsam) –

8. Juli 1919.

Carissimo Ferruccio!

Als Vorboten ausführlicher Briefe zuerst eine Karte. – Nichts von dem ungeheuren Strom, in dem hier die Dinge sind, möchte ich je verloren haben. Es macht müde und glücklich. – Dann: Junge Menschen, schöne Menschen (!) gesehen, gefunden, die früher nie waren, nie so. Rubiner hatte mit Johannes R. Becher und Arthur Holitscher im Frühjahr 1919 den Bund der proletarischen Kultur gründet (vgl. Sheppard 2000, S. 261–263). Endlich Wesen, die zu einem gehören, wissend – unsere Sprache sprechen – und für die man wohl in früheren Jahren – (einsam) – gedacht und gefühlt hat, als sie noch Kinder waren; die alles verstehen, schnell, herzlich. – Endlich – denken Sie: jetzt erst! – habe ich mein Drama nach meinem Wunsch fertig, erst heute Abend, wo ich an Sie schreibe. Nun endlich hat es Form, und jetzt erst könnte ich es Ihnen eigentlich zeigen. Kein Barock mehr, keine Wucherung, keine Unklarheit.

Ich schließe Sie, Freund, in meine Arme.

                                                                
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[links:]

gedacht und gefühlt
hat, als sie noch Kinder
waren; die alles verstehen,
schnell, herzlich. – En⸗
dlich – denken Sie: jetzt erst Transkription unsicher: unleserlich. ! –
habe ich mein Drama nach
meinem Wunsch fertig, erst
heute Abend, wo ich an Sie
schreibe. Nun endlich hat
es Form, und jetzt erst
könnte ich es Ihnen eigent⸗
lich zeigen. Kein Barock
mehr, keine Wucherung, keine
Unklarheit. – Ich schliesse
Sie, Freund, in meine Arme

[rechts:]

Postkarte
Mus.ep. L. Rubiner 33
(Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4292
Berlin
–8.7. 19.9–10V
* 30 C
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
                                                                
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Dokument

doneStatus: zur Freigabe vorgeschlagen XML Faksimile Download / Zitation

Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4292 | olim: Mus.ep. L. Rubiner 33 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Die Postkarte ist gut erhalten
Umfang
1 Postkarte
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ludwig Rubiner, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand des Archivars, der die Signaturen mit Bleistift eingetragen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 12

Zusammenfassung
Rubiner berichtet „von dem ungeheuren Strom, in dem hier die Dinge sind“, und von neu gefundenen Bundesgenossen; hat das Drama Die Gewaltlosen abgeschlossen.
Incipit
Als Vorboten ausführlicher Briefe

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
7. Mai 2023: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition