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Zürich · December 21, 1916

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Mus.ep. F. Busoni 749 (Busoni-Nachl. B I)
Mus.Nachl. F. Busoni B I, 896
[1]
Zürich 21 D
1916

Hochverehrte
Frau und Freundin
,

man erwartet hier von Hofmannsthal Hofmannsthal hielt sich offenbar erst Ende März 1917 in Zürich auf (27.–30.3., vgl. Bohnenkamp 2017, S. 22). Sein zunächst für den 19.3.1917 angekündigter Vortrag „Oesterreich im Spiegel seiner Dichtung“ (vgl. Neue Zürcher Nachrichten, 23.10.1916, Morgenblatt, S. [3]) fand schließlich am 29.3.1917 in der Tonhalle statt.
und ich erhoffe, durch ihn, Ihre
Nachrichten. –

Unter so vielen Irrungen
ist die Unbeirrbarkeit des Jahres,
seine Zeiten u. Tage einzuhalten,
bedeutsam genug, als dass es
mehr ist als eine Verabredung,
wenn die Menschen – an seinen
Wendepunkten – einander die
Hände reichen u. die Empfindungen
austauschen. Darum nehmen
Sie die Wünsche Ihres ganz
ergebenen Freundes
nicht nur
als ein Symbol auf. Auf
Sie beschwört er alle Segnungen
des Schicksals. Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Zürich, 21. Dezember 1916

Hochverehrte Frau und Freundin,

man erwartet hier von Hofmannsthal, Hofmannsthal hielt sich offenbar erst Ende März 1917 in Zürich auf (27.–30.3., vgl. Bohnenkamp 2017, S. 22). Sein zunächst für den 19.3.1917 angekündigter Vortrag „Oesterreich im Spiegel seiner Dichtung“ (vgl. Neue Zürcher Nachrichten, 23.10.1916, Morgenblatt, S. [3]) fand schließlich am 29.3.1917 in der Tonhalle statt. und ich erhoffe, durch ihn, Ihre Nachrichten.

Unter so vielen Irrungen ist die Unbeirrbarkeit des Jahres, seine Zeiten und Tage einzuhalten, bedeutsam genug, als dass es mehr ist als eine Verabredung, wenn die Menschen – an seinen Wendepunkten – einander die Hände reichen und die Empfindungen austauschen. Darum nehmen Sie die Wünsche Ihres ganz ergebenen Freundes nicht nur als ein Symbol auf. Auf Sie beschwört er alle Segnungen des Schicksals.

Ein früherer meiner Briefe dürfte sich verlaufen haben. Dieser Brief ist nicht im Nachlass überliefert. Darin bat ich Sie, einem alten Freunde meiner Jugend eine kleine Liebesspende zukommen zu lassen. Ich verstehe, dass Sie nach allen Seiten Gutes üben, und ich fühle die Anspruchsfülle meines Anliegens. Allein, der Mann – treu und geistreich – ist 63 Jahre, Laut amtlichen Dokumenten war Otto von Kapff im Dezember 1916 erst 61 Jahre alt. völlig einsam und gelähmt. – Ein sehr bescheidener Betrag bedeutet ihm viel. Herr Otto von Kapff wohnt: Wien II, Bachergasse 3 b.

Uns geht es, gottlob, gut. Ich arbeite frisch an einer dritten Oper. Bald mehr. Für heute die allerherzlichsten Grüße Ihres

stets treu ergebenen

F. Busoni

                                                                
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B I, 896[2]

Ein früherer meiner Briefe
dürfte sich verlaufen haben. Dieser Brief ist nicht im Nachlass überliefert.
Darin bat ich Sie, einem alten
Freunde meiner Jugend
eine
kleine Liebesspende zukommen
zu lassen. Ich verstehe, dass
Sie nach allen Seiten Gutes
üben, u. ich fühle die Anspruchs-
-fülle meines Anliegens. Allein,
der Mann – treu u. geistreich –
ist 63 Jahre, Laut amtlichen Dokumenten war Otto von Kapff im Dezember 1916 erst 61 Jahre alt. völlig einsam und
gelähmt. – Ein sehr bescheidener
Betrag bedeutet ihm viel.
Herr Otto von Kapff wohnt: Wien
II, Bachergasse 3 b.

Uns geht es, gottlob, gut. Ich
arbeite frisch an einer 3. Oper. Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Bald mehr. Für heute die
allerherzlichsten Grüsse Ihres

stets treu ergebenen

F. Busoni

                                                                
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Document

doneStatus: candidate XML Facsimile Download / Cite

Provenance
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B I, 896 | olim: Mus.ep. F. Busoni 749 |

proof Kalliope

Condition
Der Brief ist gut erhalten.
Extent
2 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Collation
Nur die Vorderseiten sind beschrieben.
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Vmtl. Hand Gerda Busonis, die das Jahr auf der Rückseite von Blatt 2 mit Bleistift notiert hat
Image source
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 1234

Summary
Busoni meldet einen bevorstehenden Zürich-Aufenthalt Hofmannsthals; erneuert die Bitte um eine Geldspende zugunsten von Otto von Kapff; arbeitet an einer dritten Oper.
Incipit
man erwartet hier von Hofmannsthal

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
Revision
September 25, 2025: candidate (coding checked, proofread)
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