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Mus. ep. J. Oppenheimer 21 (Busoni-Nachl. B II)
September 17, 1914Donnerstag
[18.9.1914]
Die Archiv-Datierung nennt das Datum des Poststempels (Freitag, 18.9.1914).
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
Liebster Freund,
Unsere Briefe haben sich gekreuzt und ich
war glücklich endlich Nachricht zu erhalten.
So beruhigend mir der Gedanke ist, Sie und Ihre
Lieben fern von all dem Jammer zu wissen,
von dem ganz Europa heute erfüllt ist, so bang
wird mir, wenn ich an die Gefahren der Seefahrt
denke. Es scheint mir furchtbar gewagt und
ich bitte Sie innigst noch reiflich zu erwägen, Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3452
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September 17, 1914Donnerstag
Liebster Freund,
unsere Briefe haben sich gekreuzt, und ich
war glücklich, endlich Nachricht zu erhalten.
So beruhigend mir der Gedanke ist, Sie und Ihre
Lieben fern von all dem Jammer zu wissen,
von dem ganz Europa heute erfüllt ist, so bang
wird mir, wenn ich an die Gefahren der Seefahrt
denke. Es scheint mir furchtbar gewagt, und
ich bitte Sie innigst, noch reiflich zu erwägen,
ob ein Aufschub nicht geboten ist.
Wie einem späteren Brief Oppenheimers zu entnehmen ist, wurde Busonis Konzertreise durch die USA zwischenzeitlich abgesagt, ehe Busoni sie schließlich doch antrat (Ankunft in den New York am 3.1.1915, Abreise am 28.8.1915; vgl. Roberge 1995, S. 323).
Wann werden
wir uns wiedersehen, und wie wird sich bis
dahin alles gestaltet haben?! Das Herz ist in diesen
Tagen schwer beklommen, das furchtbare Ringen
im Osten und Westen lähmt jeden Gedanken.
Man wartet und bangt, bangt und wartet,
kann keinen anderen Gedanken fassen. Gott helfe!
und erlöse die arme Menschheit aus all dem
Leid. „Die Segnungen des Friedens“ –
die Worte waren
uns geläufig, aber der Inhalt so wenig bewusst, wie
der immer Gesunde gedankenlos vom „Wohlsein“
spricht.
Jetzt wüsste man das Glück zu schätzen,
alles Kleinliche ist abgestreift.
Schenken Sie mir bald wieder einen Gruß,
liebster Freund, ein Gruß aus besseren
Welten! Sie helfen mir, mit meinem
inneren Menschen zurechtzukommen.
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Wie einem späteren Brief Oppenheimers zu entnehmen ist, wurde Busonis Konzertreise durch die USA zwischenzeitlich abgesagt, ehe Busoni sie schließlich doch antrat (Ankunft in den New York am 3.1.1915, Abreise am 28.8.1915; vgl. Roberge 1995, S. 323).
Wann werden
wir uns wiedersehen und wie wird sich bis
dahin alles gestaltet haben?! Das Herz ist in diesen
Tagen schwer beklommen, das furchtbare Ringen
im Osten und Westen lähmt jeden Gedanken.
Man wartet und bangt, bangt und wartet,
kann keinen anderen Gedanken fassen. Gott helfe!
und erlöse die arme Menschheit aus all dem
Leid. „Die Segnungen des Friedens“
DasDie Worte waren
uns geläufig, aber der Inhalt so wenig bewusst, wie
der immer Gesunde gedankenlos vom „Wohlsein“
spricht.
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II
B II, 3452
ep. 21
Jetzt wüsste man das Glück zu schätzen,
alles Kleinliche ist abgestreift.
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liebster Freund, ein Gruss aus besseren
Welten! Sie helfen mir mit meinem
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[Rückseite der zweiten Karte]
Deutsche
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Berlin
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1/ 1 [ Wien 15]
18.IX.14.X–
4b
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Nachlaß Busoni B II
Mus.ep. J. Oppenheimer 21Mus.Nachl. F. Busoni B II, 3452-Beil.
Huber & Lerner
I Kohlmarkt 9. Vienne
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