Lieber Rubiner,
Ich höre, man
könne von hier aus geradenwegs nach Deutschland schreiben. Also benütze ich gern die
Konjuktur um Ihnen – endlich – zu
schreibenantworten.Busoni hatte sich am 18. September 1919 aus Zürich auf eine Tournee nach England begeben (Rückkehr nach Zürich am 11. Dezember; vgl. Schnapp 1935, S. 371).
– Ich möchte gerne den
Doktor Faust nun bald in Buchform herausgeben –Das gut 50-seitige Textbuch zu Doktor Faust erschien 1920 bei Kiepenheuer; bereits 1918 war ein Textabdruck in den Weißen Blättern erschienen.
vorläufig müsste der
Verlag seine Rechte auf den Text
in Beziehung zur Musik nicht in
den Vertrag mit einschließen – womit
die Möglichkeit noch offen blieeibet,
dass er selbst den Musikverlag seiner- -zeit überneähme. Ist das klar?
Gerda hat denas druckfertigen M.S. bereit.
– In diesem Augenblick scheint
mir die Abmachung über die Par- titur verfrüht, zunächst weil
sie noch “im Geiste ihres Schöpfers” steht,
ferner weil da so Manches zu regeln
u. zu bestimmen ist, das mit den
übrigen Opern zusammenhängt.
Ich habe einen Plan von vier
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
ich höre, man
könne von hier
aus geradenwegs nach Deutschland
schreiben. Also benütze ich gern die
Konjuktur, um Ihnen – endlich – zu
antworten.Busoni hatte sich am 18. September 1919 aus Zürich auf eine Tournee nach England begeben (Rückkehr nach Zürich am 11. Dezember; vgl. Schnapp 1935, S. 371).
– Ich möchte gerne den
Doktor Faust nun bald in Buchform
herausgeben –Das gut 50-seitige Textbuch zu Doktor Faust erschien 1920 bei Kiepenheuer; bereits 1918 war ein Textabdruck in den Weißen Blättern erschienen.
vorläufig müsste der
Verlag seine Rechte auf den Text
in Beziehung zur Musik nicht in
den Vertrag mit einschließen – womit
die Möglichkeit noch offenbleibe,
dass er selbst den Musikverlag seinerzeit übernähme. Ist das klar?
Gerda hat das druckfertige M.S. bereit.
In diesem Augenblick scheint
mir die Abmachung über die Partitur verfrüht, zunächst weil
sie noch „im Geiste ihres Schöpfers“ steht,
ferner weil da so manches zu regeln
und zu bestimmen ist, das mit den
übrigen Opern zusammenhängt.
Ich habe einen Plan von vier
Theaterabenden ersonnen, der
durch verschiedene Verlagshäuser
greift, was – z.B. die Zusammenstellung eines Zyklus – schon zur
Genüge erschwert. – Machen Sie es
mir leichter, nicht schwerer: Ich
habe, bei Gott, durch allerlei Schwierigkeiten zu waten – –
Wie sieht es aus in Berlin?
(Das ist keine müßige Brieffrage).
Wie fühlen Sie sich selber darin
und wie geht es Ihnen? – Versuchen
auch Sie an mich direkt zu schreiben,
es ist doch möglich, daß wir so schneller
zur Verständigung kommen.
Vor wenigen Tagen besuchte
mich Bernard Shaw. Er ist 63
Jahre, und nicht wenig geschwätzig.
Er sprudelt – aber nicht immer
chemisch-reines Wasser. Er ist
gescheit – ohne Frage – und lebhaft
im Denken. Nun, ich kenne auch
andere ihm darin Ebenbürtige.
Zum Beispiel den, den ich jetzt herzlich umarme
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– Ich möchte gerne den
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<notetype="commentary"resp="#E0300314">Das gut 50-seitige <rskey="E0800243">Textbuch</rs> zu <titlekey="E0400218">Doktor Faust</title> erschien <datewhen-iso="1920">1920</date> bei <orgNamekey="E0600079">Kiepenheuer</orgName>; bereits <datewhen-iso="1918">1918</date> war ein <rskey="E0800136">Textabdruck</rs> in den <orgNamekey="E0600069">Weißen Blättern</orgName> erschienen.</note>
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2Facsimile
2Diplomatic transcription
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B I, 1015
[2] TheaterAbenden ersonnen, der
durch verschiedene Verlagshäuser
greift, was – z.B. die Zusammen- stellung eines Zyklus – schon zur
Genüge erschwert. – Machen Sie es
mir leichter, nicht schwerer: ich
habe, bei Gott, durch allerlei Schwie- rigkeiten zu waten – –
Wie sieht es auchs in Berlin?
(Das ist keine müssige Brieffrage).
Wie fühlen Sie sich selber darin
u. wie geht es Ihnen? – Versuchen
auch Sie an mich direkt zu schreiben,
es ist doch möglich, dass wir so schneller
zur Verstaendigung kommen.
Vor wenigen Tagen besuchte
mirch Bernard Shaw. Er ist 63
Jahre, und nicht wenig geschwätzig.
Er sprudelt – aber nicht immer
chemisch=reines Wasser. Er ist
gescheidt – ohne Frage – u. lebhaft
im Denken. Nun, ich kenne auch
Andere so ihm darin Ebenbürtige.
Zum Beispiel Den, den ich jetzt herzlich umarme
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3Diplomatic transcription
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4Diplomatic transcription
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6. Nov. 1919
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Mus.ep. F. Busoni 809 Mus.Nachl. F. Busoni B I, 1015-Beil.
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Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B I, 1015 | olim:
Mus.ep. F. Busoni 809 (Busoni-Nachl. B I)
|
Busoni plant eine Buchausgabe des Librettos zu Doktor Faust und dessen zyklische Aufführung mit „den übrigen Opern“ an vier Abenden; beschreibt nach einem Treffen mit George Bernard Shaw diesen als „lebhaft im Denken“ und „nicht wenig geschwätzig“.
Letter by Ferruccio Busoni to Ludwig Rubiner (London, 6 November 1919), prepared by Elizaveta Willert, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Ludwig Rubiner, edited by Christian Schaper and Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, January 2018: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0100339 (May 8, 2023: candidate)
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<TEIxmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"xml:id="D0100339"><teiHeader><fileDesc><titleStmt><titlexml:lang="de">Brief von Ferruccio Busoni an Ludwig Rubiner (London, 6. November 1919)</title><titlexml:lang="en">Letter by Ferruccio Busoni to Ludwig Rubiner (London, 6 November 1919)</title><authorkey="E0300017">Ferruccio Busoni</author><respStmt><resp>Prepared by</resp><persNamekey="E0300378"><forename>Elizaveta</forename><surname>Willert</surname></persName></respStmt><respStmt><resp>Digitization by</resp><orgNamekey="D-B">Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz</orgName></respStmt></titleStmt><publicationStmt><publisher>Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin</publisher><pubPlace>Berlin</pubPlace><datewhen-iso="2018-01"/><availability><licencetarget="https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0/">Attribution-NonCommercial-ShareAlike 4.0 International (CC BY-NC-SA 4.0)</licence></availability></publicationStmt><seriesStmt><titletype="main">Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften</title><titletype="genre">Briefe</title><titletype="subseries"key="E010005">Briefwechsel Ferruccio Busoni – Ludwig Rubiner</title><editorkey="E0300314">Christian Schaper</editor><editorkey="E0300313">Ullrich Scheideler</editor></seriesStmt><sourceDesc><msDesc><msIdentifier><countrykey="DE">Deutschland</country><settlement>Berlin</settlement><institutionkey="D-B">Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz</institution><repository>Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv</repository><collection>Nachlass Ferruccio Busoni</collection><idno>Mus.Nachl. F. Busoni B I, 1015</idno><altIdentifier><idnotype="D-B.olim">Mus.ep. F. Busoni 809 (Busoni-Nachl. B I)</idno></altIdentifier><altIdentifier><institution>Kalliope-Verbund</institution><idno>DE-611-HS-565436</idno></altIdentifier></msIdentifier><msContents><summary><persNamekey="E0300017">Busoni</persName> plant eine <rskey="E0800243">Buchausgabe des Librettos</rs> zu <titlekey="E0400218">Doktor Faust</title> und dessen zyklische Aufführung mit <q><rstype="works"key="E0400138 E0400133 E0400153">den übrigen Opern</rs></q> an vier Abenden; beschreibt nach einem Treffen mit <persNamekey="E0300443">George Bernard Shaw</persName> diesen als <q>lebhaft im Denken</q> und <q>nicht wenig geschwätzig</q>.</summary><msItem><docDate><datewhen-iso="1919-11-06"/></docDate><docDateresp="#post"sameAs="#post_abs"><datewhen-iso="1919-11-06"/></docDate><docDateresp="#gerda.busoni"sameAs="#gerda_date"><datewhen-iso="1919-11-06"/></docDate><incipit><choice><orig>I</orig><reg>i</reg></choice>ch höre, man könne von hier aus geradenwegs</incipit></msItem></msContents><physDesc><objectDesc><supportDesc><extent><measuretype="folio">2 Blatt</measure><measuretype="pages">2 beschriebene Seiten</measure></extent><collation>Nur die Vorderseiten sind beschrieben.</collation><condition>Der Brief ist gut erhalten; Umschlagaufriss oben, ohne erkennbaren Textverlust.</condition></supportDesc></objectDesc><handDesc><handNotexml:id="major_hand"scope="major"medium="black_ink"scribe="author"scribeRef="#E0300017">Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.</handNote><handNotexml:id="archive"scope="minor"medium="pencil"scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Signaturen mit Bleistift eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat.</handNote><handNotexml:id="archive_red"scope="minor"medium="red_pen"scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat</handNote><handNotexml:id="dsb_st_red"scope="minor"medium="red_ink"scribe="archivist">Bibliotheksstempel (rote Tinte)</handNote><handNotexml:id="sbb_st_blue"scope="minor"medium="blue_ink"scribe="archivist">Bibliotheksstempel (blaue Tinte)</handNote><handNotexml:id="post"scope="minor"medium="black_ink"scribe="postoffice">Poststempel (schwarze Tinte)</handNote><handNotexml:id="gerda.busoni"scope="minor"medium="pencil"scribe="relative"scribeRef="#E0300059">Hand Gerda Busonis, die mit Bleistift auf der Rückseite des zweiten Blatts das Datum notiert hat.</handNote></handDesc><accMat><pbn="5"/><address><addrLinerend="top-left huge underline"><placeNamekey="E0500015">Germany</placeName>.</addrLine><notetype="stamp"place="top-right"resp="#post"><stampxml:id="post_abs"rend="border majuscule align(center)"><placeNamekey="E0500047">London</placeName> W.I.
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<lb/>dass er selbst den Musikverlag seiner
<lbbreak="no"rend="after:-"/>zeit übern<subst><delrend="overwritten">e</del><addplace="across">ä</add></subst>hme. Ist das klar?
<addplace="margin-left"rend="rotate(90)"><persNamekey="E0300059">Gerda</persName> hat d<subst><delrend="overwritten">en</del><addplace="across">as</add></subst> druckfertige<delrend="strikethrough">n</del> M.S. bereit.
</add></p><p><orig>– </orig>In diesem Augenblick scheint
<lb/>mir die Abmachung über <rskey="E0400218">die Par
<lbbreak="no"/>titur</rs> verfrüht, zunächst weil
<lb/>sie noch <soCalledrend="dq-uu">im Geiste ihres Schöpfers</soCalled> steht,
<lb/>ferner weil da so <choice><orig>M</orig><reg>m</reg></choice>anches zu regeln
<lb/><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> zu bestimmen ist, das mit <rstype="works"key="E0400138 E0400133 E0400153">den
<lb/>übrigen Opern</rs> zusammenhängt.
<lb/>Ich habe einen Plan von vier
<notetype="stamp"place="bottom"resp="#dsb_st_red"><stamprend="round border align(center) small">Deutsche
<lb/>Staatsbibliothek
<lb/><placeNamekey="E0500029"><hirend="spaced-out">Berlin</hi></placeName></stamp></note><pbn="2"/><notetype="shelfmark"place="margin-left">B I, 1015</note><notetype="foliation"place="margin-right"resp="#archive">[2]</note><lb/>Theater<choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>benden ersonnen, der
<lb/>durch verschiedene Verlagshäuser
<lb/>greift, was – z.B. die Zusammen<lbbreak="no"/>stellung eines Zyklus – schon zur
<lb/>Genüge erschwert. – Machen Sie es
<lb/>mir leichter, nicht schwerer: <choice><orig>i</orig><reg>I</reg></choice>ch
<lb/>habe, bei Gott, durch allerlei Schwie<lbbreak="no"/>rigkeiten zu waten – –</p><prend="indent">Wie sieht es au<subst><delrend="overwritten">ch</del><addplace="across">s</add></subst> in <placeNamekey="E0500029">Berlin</placeName>?
<lb/>(Das ist keine mü<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>ige Brieffrage).</p><prend="indent-first">Wie fühlen Sie sich selber darin
<lb/><choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> wie geht es Ihnen? – Versuchen
<lb/>auch Sie an mich direkt zu schreiben,
<lb/>es ist doch möglich, da<choice><reg>ß</reg><orig>ss</orig></choice> wir <addplace="above">so</add> schneller
<lb/>zur Verst<choice><reg>ä</reg><orig>ae</orig></choice>ndigung kommen.</p><prend="indent-first">Vor wenigen Tagen besuchte
<lb/>mi<subst><delrend="overwritten">r</del><addplace="across">ch</add></subst><persNamekey="E0300443">Bernard Shaw</persName>. Er ist 63
<lb/>Jahre, und nicht wenig geschwätzig.
<lb/>Er sprudelt – aber nicht immer
<lb/>chemisch<pc>=</pc>reines Wasser. Er ist
<lb/>geschei<orig>d</orig>t – ohne Frage – <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> lebhaft
<lb/>im Denken. Nun, ich kenne auch
<lb/><choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>ndere <delrend="strikethrough">so</del> ihm darin Ebenbürtige.
<lb/><segrend="indent-neg">Zum Beispiel <choice><orig>D</orig><reg>d</reg></choice>en, den ich jetzt herzlich umarme</seg></p><closer><saluterend="align(center)">als sein ergebener</salute><signedrend="align(right)"><persNamekey="E0300017">F. Busoni</persName></signed></closer><pbn="3"/><notetype="objdesc"resp="#E0300378">[Rückseite von Textseite 1, vacat]</note><pbn="4"/><notetype="objdesc"resp="#E0300378">[Rückseite von Textseite 2]</note><notetype="dating"resp="#gerda.busoni"place="margin-left"rend="rotate(180)"xml:id="gerda_date"><datewhen-iso="1919-11-06">6. <abbr>Nov.</abbr> 1919</date></note></div></body></text></TEI>