Ferruccio Busoni an Hans Huber arrow_backarrow_forward

Zürich · 20. Februar 1917

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44.20. Febr 1917

Mein sehr verehrter Freund,

ich danke Ihnen für Ihre
freundl. Mühe u. die ermunternden
Worte um meine kleine Partt. Gemeint ist eine Partitur der Oper Arlecchino oder Die Fenster, die Busoni mit seinem Brief vom 15.2.1917 an Huber verschickt und zusammen mit einer wohlwollenden Briefkarte zurückerhalten hatte.

Ich habe dasselbe Ex., das ich
dankbar zurückerhielt, nun an
den Generalissimus Alfred Reucker, Direktor des Zürcher Stadttheaters 1901–1921. geschickt,
indem ich seinen, (Programm-
vorschläge kündenden) Brief,
erwiederte. Ich habe es nicht
fertig gebracht, ihm mein Stück
zu nennen, geschweige denn zu
„befehlen“. Busoni zitiert den Ausdruck „befehlen“ aus Hubers vorherigem Brief. Trotz aller × herzlicher Zuvor-
kommenheit in der Schweiz, fühle
ich mich hier – freundlich geduldet; – vor-
zuschreiben, u. gar in eigener Sache,
fände ich unangemessen. Überdies
ist ein solches Vorgehen für den
Komponisten keine moralische
Errungenschaft.

Mein sehr verehrter Freund,

ich danke Ihnen für Ihre freundliche Mühe und die ermunternden Worte um meine kleine Partitur. Gemeint ist eine Partitur der Oper Arlecchino oder Die Fenster, die Busoni mit seinem Brief vom 15.2.1917 an Huber verschickt und zusammen mit einer wohlwollenden Briefkarte zurückerhalten hatte.

Ich habe dasselbe Exemplar, das ich dankbar zurückerhielt, nun an den Generalissimus Alfred Reucker, Direktor des Zürcher Stadttheaters 1901–1921. geschickt, indem ich seinen (Programmvorschläge kündenden) Brief erwiderte. Ich habe es nicht fertig gebracht, ihm mein Stück zu nennen, geschweige denn zu „befehlen“. Busoni zitiert den Ausdruck „befehlen“ aus Hubers vorherigem Brief. Trotz aller herzlicher Zuvorkommenheit in der Schweiz fühle ich mich hier – freundlich geduldet; – vorzuschreiben, und gar in eigener Sache, fände ich unangemessen. Überdies ist ein solches Vorgehen für den Komponisten keine moralische Errungenschaft.

Ich fände es nach meinen längeren Beobachtungen angebracht, in den Konservatorien (neben den Kompositionsklassen) eine Hilfsklasse für praktische Organisation zu gründen.

In dem gewandten Herrn Richard Geyer Richard Wagner führte in seiner Jugend den Nachnamen seines Stiefvaters Ludwig Geyer. Die Frage nach dem leiblichen Vater führte schon zu Wagners Lebzeiten zu zahlreichen Spekulationen. war der Organisator stärker als der Künstler – (an dieser Überzeugung halte ich fest) –, anderenfalls eine solche langweilige Schwere nicht hätte zweien Generationen aufgezwungen werden können.

Nochmals danke ich Ihnen für die gütige Beschäftigung, und ich freue mich, Sie – so Gott will – in wenigen Wochen wieder zu begrüßen. Inzwischen leben Sie wohl, froh und tätig –

immer Ihr verehrungsvoll und herzlich ergebener

F. Busoni

Zürich 20. Februar 1917.
                                                                
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(2)

Ich fände es, nach meinen
längeren Beoabachtungen
angebracht, in den Konservatorien
(neben den Kompositionsklassen)
eine Hilfsklasse für praktische
Organisation
zu gründen.

In dem gewandten Herrn
Richard Geyer Richard Wagner führte in seiner Jugend den Nachnamen seines Stiefvaters Ludwig Geyer. Die Frage nach dem leiblichen Vater führte schon zu Wagners Lebzeiten zu zahlreichen Spekulationen. war der Organisator
stärker, als der Künstler – (an
dieser Überzeugung halte ich fest) –
anderenfalls eine solche langweilige
Schwere nicht hätte über zweien
Generationen aufgezwungen
werden können. Bei Refardt 1939 (27) wurde dieser ganze Absatz ausgelassen, wohl im Hinblick auf Busonis Sottise gegen Richard Wagner.

Nochmals danke ich Ihnen
für die gütige Beschäftigung,
u. ich freue mich, Sie – so
Gott will – in wenigen Wochen
wieder zu begrüßen. Inzwischen
leben Sie wohl, froh u. thätig –

immer Ihr verehrungsvoll
und herzlich ergebener

F. Busoni

Z. 20. F. 1917.
                                                                
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zu 44. 20. Febr.
1917
Zürich 33
21.II.17XI-
VIII
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VIII
Oberstrass
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[Base]l
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Briefträger
Basel
21.II.17–3
Brie[fträge]r
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Dokument

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Überlieferung
Schweiz | Basel | Universitätsbibliothek | NL 30 : 22:A-H:16
Zustand
Der Brief ist gut erhalten. Umschlagaufriss ohne Textverlust.
Umfang
2 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand eines Archivars, der die Datierung mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand eines Archivars, der Nummerierung und Foliierung mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Poststempel (schwarze Tinte)

Zusammenfassung
Busoni hat die zurückerhaltene Partitur des Rondo Arlecchinesco an Alfred Reucker geschickt; fühlt sich in der Schweiz „freundlich geduldet“; regt eine „Hilfsklasse für praktische Organisation“ als Teil der Konservatoriums-Ausbildung an; nennt Richard Wagner einen größeren Organisator denn Künstler.
Incipit
ich danke Ihnen für Ihre freundliche Mühe

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
26. Mai 2017: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition
Frühere Ausgaben
Refardt 1939, S. 26 f. (unvollständig)