Ludwig Rubiner an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Berlin · 11. April 1919

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11. April 1919.
Berlin W. 30.
Viktoria Luiseplatz 11.

Lieber, Verehrter!

Soeben Ihre Karte Die Karte ist nicht im Nachlass vorhanden. – ich antworte auf einer
Karte, weil das schneller geht: es giebt immer
noch Censur! (Meinen Brief hatten Sie bei
Absenden Ihrer Karte offensichtlich noch
nicht empfangen). – Ich finde Ihre Ände⸗
rung der Verse ausgezeichnet! Darf ich
noch eine Variante vorschlagen: Im ersten Textdruck des Librettos zu Doktor Faust lauteten die folgenden Verse aus dem Prolog noch:
er zaubert fort, versenkt sie in das Mystische
sie wachsen ihm hinaus, ins Überirdische.
Der hier von Rubiner vorgeschlagene Wortlaut ist in die Buchausgabe des Librettos eingegangen.

„Sie wachsen fort, ins Mystische gelenkt,
Zu Höchst geschleudert und zu Tiefst versenkt.“
Als Wirklich schön gefunden erachte ich die
Genauigkeit: „Zu Höchst geschleudert und zu Tiefst

11. April 1919.
Berlin W. 30.
Viktoria-Luise-Platz 11.

Lieber, Verehrter!

Soeben Ihre Karte Die Karte ist nicht im Nachlass vorhanden. – ich antworte auf einer Karte, weil das schneller geht: es gibt immer noch Zensur! (Meinen Brief hatten Sie bei Absenden Ihrer Karte offensichtlich noch nicht empfangen). – Ich finde Ihre Änderung der Verse ausgezeichnet! Darf ich noch eine Variante vorschlagen: Im ersten Textdruck des Librettos zu Doktor Faust lauteten die folgenden Verse aus dem Prolog noch:
er zaubert fort, versenkt sie in das Mystische
sie wachsen ihm hinaus, ins Überirdische.
Der hier von Rubiner vorgeschlagene Wortlaut ist in die Buchausgabe des Librettos eingegangen.

„Sie wachsen fort, ins Mystische gelenkt,
Zu Höchst geschleudert und zu Tiefst versenkt.“
Wirklich schön gefunden erachte ich die Genauigkeit: „Zu Höchst geschleudert und zu Tiefst versenkt.“

Dass Sarabande und Cortège mit höchsten Ehren bedacht wurden, ist mir – ohne Cortège zu kennen – nach Sarabande selbstverständlich. An Ihrem 1. April Busonis 53. Geburtstag. nahm ich vollen Herzens teil – schon in den Tagen vorher, mein Brief sagt es Ihnen. Die Kritik, die Sie mir sandten, erhielt ich noch nicht! – Mein Stück arbeite ich bis zu diesem Moment um – ins Klare!

In den Empfindungen der Umarmung zu Ihnen Ihr

Ludwig Rubiner.

                                                                
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[links:]

versenkt.“ –

Dass Sarabande u. Cortège
mit höchsten Ehren bedacht
wurden, ist mir – ohne Cortège
zu kennen – nach Sarabande
selbstverständlich. An Ihrem
1. April Busonis 53. Geburtstag. nahm ich vollen
Herzens teil – schon in den
Tagen vorher, mein Brief
sagt es Ihnen. Die Kritik,
die Sie mir seandten, erhielt
ich noch nicht! – Mein Stück
arbeite ich bis zu diesem Moment
um – ins Klare!

In den Empfindungen der Umarmung
zu Ihnen Ihr

Ludwig Rubiner.

[rechts:]

Po[stkarte]
Durch Eilboten.
Exprès.
Berlin
11.4.19 8–9N
* 30 c
[Postüberwach]ungsstelle
Geprüft
[…] mindestens 1 Wort: wenig Tinte.
Berlin
11.4.19 8–9N
* 30 c
Herrn
Prof. Ferruccio Busoni
Zürich
Mus.Nachl.
F. Busoni B II,
4291

Scheuchzerstr. 36
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
[…] mindestens 2 Zeichen: unleserlich.
Mus.ep. L. Rubiner 32
(Busoni-Nachl. B II)
                                                                
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Dokument

doneStatus: zur Freigabe vorgeschlagen XML Faksimile Download / Zitation

Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4291 | olim: Mus.ep. L. Rubiner 32 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Die Postkarte ist gut erhalten.
Umfang
1 Postkarte, 2 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ludwig Rubiner, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand des Archivars, der die Signaturen mit Bleistift eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Unbekannte Hand, die auf der Umschlagrückseite mit Bleistift unterzeichnet hat.
  • Poststempel (schwarze Tinte)
  • Zensurstempel (violette Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 12

Zusammenfassung
Rubiner lobt Busonis revidierte Verse im Text von Doktor Faust, schlägt dazu „eine Variante“ vor; nennt den Konzerterfolg von Sarabande und Cortège „selbstverständlich“; schreibt sein Drama Die Gewaltlosen „ins Klare“.
Incipit
Soeben Ihre Karte – ich antworte auf

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
15. Mai 2023: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition