Ferruccio Busoni an Hans Huber arrow_backarrow_forward

Zürich · 27. April 1916

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19.
Zürich den 27 A 1916

Verehrtester Freund,

ich lese soeben Ihren Aufsatz Konzertankündigung zur Indianischen Fantasie, erscheinen in den Basler Nachrichten am 26.4.1916 (Auszüge bei Refardt 1939, S. 16).
in den B. N. u. sende ihn gleich zu Br. & H.,
womit der Werth ausgedrückt sein soll, den ich
jenem beilege. Seien Sie dafür bedankt! –

Über „Tiefe“ hatte ich einen
Abschnitt
für die neue Ausgabe meines “Entwurfes”
abgefasst, dessen Sinn darin gipfelt, dass
mit Tiefe (in d. Musik) nur das völlige
Ausschöpfen einer Stimmung gemeint sein
kann, sei es auch eine leichtfertige:
als wie z. B. in der sogenannten Champagner
Arie
. Sich in diese Stimmung ganz
versenken
(also “tief” in sie hineindringen) bedeute Tiefe.
Was die Innerlichkeit anlangt, so habe
ich auch diesem Begriffe einen neuen Abschnitt
gewidmet. – Der gemeinte Abschnitt ist insofern nicht ohne Weiteres ersichtlich, als von „Innerlichkeit“ in keiner Fassung des Entwurfs die Rede ist; vermutlich bezieht sich Busoni auf den für die zweite Ausgabe hinzugefügten Abschnitt „Gefühl ist eine moralische Ehrensache“. Aristokratisch ausgedrückt aber
behaupte ich mit Stolz:, meine Innerlichkeit
steht über der des Durchschnittes; deswegen
erscheint sie ihm fremd, oder gar nicht als solche.

Aber das Schreiben hilft nicht, das
Publikum betrachtet es als Lektüre u. nicht
als Lehre. – Ich freue mich Kindlich, Sie
wiederzusehen. Ihr verehrungsvoll u. herzlich
ergebener
F. B.

Zürich, den 27. April 1916

Verehrtester Freund,

ich lese soeben Ihren Aufsatz Konzertankündigung zur Indianischen Fantasie, erscheinen in den Basler Nachrichten am 26.4.1916 (Auszüge bei Refardt 1939, S. 16). in den Basler Nachrichten und sende ihn gleich zu Breitkopf & Härtel, womit der Wert ausgedrückt sein soll, den ich jenem beilege. Seien Sie dafür bedankt! –

Über „Tiefe“ hatte ich einen Abschnitt für die neue Ausgabe meines „Entwurfes“ abgefasst, dessen Sinn darin gipfelt, dass mit Tiefe (in der Musik) nur das völlige Ausschöpfen einer Stimmung gemeint sein kann, sei es auch eine leichtfertige: als wie z. B. in der sogenannten Champagner-Arie. Sich in diese Stimmung ganz versenken (also „tief“ in sie hineindringen) bedeute Tiefe. Was die Innerlichkeit anlangt, so habe ich auch diesem Begriffe einen neuen Abschnitt gewidmet. – Der gemeinte Abschnitt ist insofern nicht ohne Weiteres ersichtlich, als von „Innerlichkeit“ in keiner Fassung des Entwurfs die Rede ist; vermutlich bezieht sich Busoni auf den für die zweite Ausgabe hinzugefügten Abschnitt „Gefühl ist eine moralische Ehrensache“. Aristokratisch ausgedrückt aber behaupte ich mit Stolz: meine Innerlichkeit steht über der des Durchschnittes; deswegen erscheint sie ihm fremd, oder gar nicht als solche.

Aber das Schreiben hilft nicht, das Publikum betrachtet es als Lektüre und nicht als Lehre. – Ich freue mich kindlich, Sie wiederzusehen.

Ihr verehrungsvoll und herzlich ergebener

Ferruccio Busoni

                                                                
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Überlieferung
Schweiz | Basel | Universitätsbibliothek | NL 30 : 22:A-H:16
Zustand
Der Brief ist gut erhalten; Notiz in Hubers Handschrift auf der Rückseite.
Umfang
1 Blatt, 1 beschriebene Seite
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Ferruccio Busoni, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Hand des Archivars, der die Nummerierung "19." mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Empfängers Hans Huber (Notiz auf der Rückseite).

Zusammenfassung
Busoni dankt Huber für dessen Artikel in den Basler Nachrichten, leitet ihn an Breitkopf & Härtel weiter; verweist auf den Abschnitt über „Tiefe“ aus der zweiten Ausgabe des Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst; bezweifelt den Nutzen solcher Texte.
Incipit
Ich lese soeben Ihren Aufsatz

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
5. März 2017: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition
Frühere Ausgaben
Refardt 1939, S. 16 f.