Arnold Schönberg an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Wien · 6. Oktober 1909

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Diplomatische Umschrift
Lesefassung
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Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4551
[1]
6/10. 1909
Arnold Schönberg
– – – Wien – – –
IX. Liechtensteinstraße 68/7068/70 Mit der Unterstreichung der Anschrift im Adressstempel signalisiert Schönberg die Rückkehr aus dem Urlaub.

Sehr verehrter Herr Busoni, ich vermisse
schon seit Langem irgend eine Mi Transkription unsicher: überschrieben. Nachricht
von Ihnen und zerbreche mir den Kopf
um den „Grund mir aufzufinden“ Zitat aus Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg (III. Aufzug, 1. Szene, Sachs): „Wahn, Wahn! / Überall Wahn! / Wohin ich forschend blick’ / in Stadt- und Welt-Chronik, / den Grund mir aufzufinden, / warum gar bis aufs Blut / die Leut sich quälen und schinden / in unnütz toller Wut!“ der Ihr
plötzliches Stillschweigen veranlasst hat.
Ich kann nicht darauf kommen und
muss annehmen, dass irgend ein Miss⸗
verständnis vorliegt, denn ich bin mir
nicht im Entferntesten bewusst auchnur
irgend etwas getan zu haben, was ich
beabsichtigt hätte und das Sie hätte verletzen
dürfen. Oder habe ich etwas unterlassen?
Das könnte eher sein. Mein Schwung reicht
stets nur fürs Sachliche und erlahmt
immer am rein Formalen im Ver⸗
kehr. Ich habe noch nie J Transkription unsicher. Alternative Lesart:
j
emandem Theurich 1977 (180) und Theurich 1979 (175): „Jemandem“. eine
warme Höflichkeit sagen können
und versuche das auch nie. Meine Sympathie

Mus.ep. A. Schönberg 12 (Busoni-Nachl. B II)

6.10.1909

Sehr verehrter Herr Busoni,

ich vermisse schon seit langem irgendeine Nachricht von Ihnen und zerbreche mir den Kopf, um den „Grund mir aufzufinden“, Zitat aus Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg (III. Aufzug, 1. Szene, Sachs): „Wahn, Wahn! / Überall Wahn! / Wohin ich forschend blick’ / in Stadt- und Welt-Chronik, / den Grund mir aufzufinden, / warum gar bis aufs Blut / die Leut sich quälen und schinden / in unnütz toller Wut!“ der Ihr plötzliches Stillschweigen veranlasst hat. Ich kann nicht darauf kommen und muss annehmen, dass irgendein Missverständnis vorliegt, denn ich bin mir nicht im Entferntesten bewusst, auch nur irgendetwas getan zu haben, was ich beabsichtigt hätte und das Sie hätte verletzen dürfen. Oder habe ich etwas unterlassen? Das könnte eher sein. Mein Schwung reicht stets nur fürs Sachliche und erlahmt immer am rein Formalen im Verkehr. Ich habe noch nie jemandem eine warme Höflichkeit sagen können und versuche das auch nie. Meine Sympathie und meine Hochschätzung äußern sich mehr indirekt: dadurch, dass ich jemandem das Bedürfnis bezeige, mit ihm zu verkehren, mit ihm zu reden.

Deshalb, da mir also bewusst jede Absicht gefehlt haben muss und mir Ihre Verstimmung sehr schmerzlich wäre, beschwöre ich Sie, mir zu sagen, was vorliegt. Ich bin sicher, ich kann’s aufklären.

Ich selbst habe bis vor zwei Tagen sehr angestrengt zuerst an der Komposition Die Erste Niederschrift des Monodrams Erwartung wurde am 27. August 1909 begonnen und am 12. September 1909 abgeschlossen. und dann an der Instrumentation Die Partiturreinschrift wurde am 4. Oktober 1909 vorläufig abgeschlossen. meines neuesten Werkes gearbeitet. Es ist ein Monodram (für die Bühne), und ich glaube, es ist mir außerordentlich gelungen. Der Rest der Zeit war mit Unterhandlungen ausgefüllt, die ich mit meinem früheren Verlag Dreililien und meinem zukünftigen, der Universal-Edition, hatte. Schönberg war seit 1903 vertraglich an den Berliner Verlag Dreililien gebunden. Der zunächst auf fünf Jahre befristete Vertrag war zweimal um je ein Jahr verlängert worden und lief Mitte des Jahres 1910 aus. Im Oktober 1909 kam es zur Vertragsunterzeichnung beim Wiener Verlag Universal-Edition. Letztere hat mir anfangs September einen Antrag gemacht, der mich nach unserem gestrigen Entschlusse für die nächsten zehn Jahre bindet. Und so muss ich Ihnen nun auch herzlichst dankend mitteilen, dass ich bei Breitkopf & Härtel nicht verlegen darf. Ich wollte Ihnen nicht früher darüber schreiben, denn es sah lange Zeit so aus, als ob mit der Universal-Edition nichts werden sollte, und da wollte ich mich nicht zwischen zwei Stühle setzen. Außerdem wusste ich nicht, dass die U. E. auf mein gesamtes Schaffen reflektieren werde. Da das nun aber doch geschehen ist, bitte ich Sie, Br. & H. davon zu benachrichtigen.

Ich habe gelesen, dass Sie im Dezember in Wien sind. Busoni spielte am 1. Dezember 1909 unter der Leitung von Ferdinand Löwe im Wiener Musikverein Liszts Klavierkonzert Nr. 1; aus Berlin in der Nacht zuvor angereist, fuhr er am Folgetag weiter nach Budapest (vgl. Busoni/Weindel 2015, S. 464 f. u. 974). Nun wollen der Tonkünstler-Verein und der Verein für Kunst und Kultur einen Abend mit neuen Sachen von mir machen. Das Konzert fand am 13. Januar 1910 statt. Auf dem Programm standen u. a. die Uraufführungen von Schönbergs Drei Klavierstücken op. 11 (Interpretin: Etta Werndorff) sowie der George-Lieder op. 15. Ließe sich das nicht machen, dass, wenn man das in die Nähe Ihres Konzerts verlegte, Sie eventuell die drei Klavierstücke spielten? Ich bin nämlich zu begierig, sie von Ihnen zu hören, und das wäre ja eine Gelegenheit. Allerdings, wenn Sie sie für Ihr eigenes Konzert angesetzt hatten, wäre mir das noch lieber, denn ich bin viel lieber mit dem regelmäßigen Publikum in Verbindung als mit dem außerordentlichen.

Nun noch eine Bitte: Die Universal-Edition, die diese drei Klavierstücke auch bringen will, möchte vorher von Ihnen eine Zusage haben, dass Sie sie öffentlich spielen. Vermutlich hat Busoni Schönbergs Klavierstücke op. 11 nie öffentlich gespielt. Ich selbst hätte auch gerne diese Gewissheit, die mir große Freude machte. Darf ich Sie um eine derartige Erklärung sehr bitten.

Ich hoffe, recht bald von Ihnen Nachricht zu haben, und empfehle mich mit herzlicher Hochachtung und Verehrung

Ihr ganz ergebener

                                                                
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2Diplomatische Umschrift
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und meine Hochschätzung äußern sich mehr
indirekt:, dadurch dass ich J Transkription unsicher. Alternative Lesart:
j
emandem Theurich 1977 (180) und Theurich 1979 (175): „Jemandem“.
das Bedürfnis bezeuige mit ihm […] mindestens 1 Zeichen: unleserlich. zu ver⸗
kehren, mit ihm zu reden.

Deshalb, da mir also bewusst jede
Absicht gefehlt haben muss und mir Ihre
Verstimmung sehr schmerzlich wäre, beschwöre
ich Sie, mir zu sagen, was vorliegt.
Ich bin sicher, ich kanns aufklären.

Ich selbst habe bis vor zwei Tagen
sehr angestrengt, zuerst an der Komposition Die Erste Niederschrift des Monodrams Erwartung wurde am 27. August 1909 begonnen und am 12. September 1909 abgeschlossen.
und dann an der Instrumentation Die Partiturreinschrift wurde am 4. Oktober 1909 vorläufig abgeschlossen. meines
neuesten Werkes geabrbeitet. Es ist ein
Monodram
(für die Bühne) und ich
glaube es ist mir außerordentlich gelungen.
Der Rest der Zeit, war mit Unterhandlungen
ausgefüllt, die ich mit meinem früheren
Verlag Dreililien und meinem zukünftigen
der Universal-Edition hatte. Schönberg war seit 1903 vertraglich an den Berliner Verlag Dreililien gebunden. Der zunächst auf fünf Jahre befristete Vertrag war zweimal um je ein Jahr verlängert worden und lief Mitte des Jahres 1910 aus. Im Oktober 1909 kam es zur Vertragsunterzeichnung beim Wiener Verlag Universal-Edition. Letztere
hat mir Anfangs Theurich 1977 (180): „Anfang“. September einen Antrag
gemacht, der mich nach unserem gestrigen

                                                                
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[2] Entschlusse für die nächsten 10 Jahre bindet.
Und so muss ich Ihnen nun auch herzlichst
dankend mitteilen, dass ich bei Breitkopf
und Härtel
nicht verlegen darf. Ich wollte
Ihnen nicht früher darüber schreiben, denn
es sah lange Zeit so aus, als ob ich mich
mit der Univ. Ed[.] nichts werden sollte und
da wollte ich mich nicht zwischen zwei
Stühle setzen. Außerdem wusste ich nicht,
dass die U. E. auf mein gesammtes
Schaffen reflektieren werde. Da das nun
aber doch geschehen ist, bitte ich Sie Br. u.
H.
davon zu benachrichtigen.

Ich habe gelesen, dass Sie im De⸗
cember in Wien sind. Busoni spielte am 1. Dezember 1909 unter der Leitung von Ferdinand Löwe im Wiener Musikverein Liszts Klavierkonzert Nr. 1; aus Berlin in der Nacht zuvor angereist, fuhr er am Folgetag weiter nach Budapest (vgl. Busoni/Weindel 2015, S. 464 f. u. 974). Nun wollen der
Tonkünstler=Verein und der Verein
für Kunst und Kultur
einen Abend
mit neuen Sachen von mir machen. Das Konzert fand am 13. Januar 1910 statt. Auf dem Programm standen u. a. die Uraufführungen von Schönbergs Drei Klavierstücken op. 11 (Interpretin: Etta Werndorff) sowie der George-Lieder op. 15.
Ließe sich das nicht machen, dass wenn man
das in die nahe Theurich 1977 (180) und Theurich 1979 (176): „nähe“. Ihres Konzerts Theurich 1977 (180) und Theurich 1979 (176): „Konzertes“. verlegte, Sie

                                                                
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4Diplomatische Umschrift
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eventuell die 3 Klavierstücke spielten? Ich
bin nämlich zu neubegierig, sie von Ihnen zu
hören und das wäre ja eine Gelegenheit.
Allerdings, wenn Sie sie für Ih[r] eigenes
Konzert angesetzt hatten, Transkription unsicher. Alternative Lesart:
hätten,
Theurich 1977 (180) und Theurich 1979 (176): „hätten“. wäre mir das
noch lieber, denn ich bin viel lieber mit
dem regelmaßigen Theurich 1977 (180) und Theurich 1979 (176): „regelmäßigen“. Publikum in Ver⸗
bindung, als mit dem außerordentlichen.

Nun noch eine Bitte: Die Universal
Edition
, die diese drei Klavierstücke
auch bringen will, möchte vorher von Ihnen
eine Zusage haben, dass Sie sie öffentlich
spielen. Vermutlich hat Busoni Schönbergs Klavierstücke op. 11 nie öffentlich gespielt. Ich selbst hätte auch gerne diese
Gewissheit, die mir große Freude
machte. Darf ich Sie um eine derartige
Erklärung sehr bitten.

Ich hoffe recht bald von Ihnen Nachricht
zu haben und empfehle mich mit herzlicher Hoch⸗
achtung und Verehrung Ihr ganz ergebener

Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
Nachlaß Busoni
                                                                
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5Diplomatische Umschrift
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Herrn
Ferruccio Busoni
Berlin W 30
Viktoria Luise Platz
[…] mindestens 1 Zeichen: unleserlich. 11
                                                                
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6Faksimile
6Diplomatische Umschrift
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Arnold Schönberg
– – – Wien – – –
IX. Liechtensteinstraße 68/70
Mus.Nachl. F. Busoni B II,
4551-Beil.
Nachlaß Busoni B II

Mus.ep. A. Schönberg 12
                                                                <stamp xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" resp="#schoenberg_addr_st1" rend="align(center) majuscule">
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Dokument

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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4551 | olim: Mus.ep. A. Schönberg 12 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
1 Bogen, 4 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Arnold Schönberg, Brieftext in schwarzer Tinte, in deutscher Kurrentschrift
  • Hand des Absenders Arnold Schönberg, der die Anschriftzeilen im Adressstempel mit bräunlicher Tinte unterstrichen und die gestempelte Hausnummer zur Verdeutlichung überschrieben hat
  • unbekannte Hand, welche die Anschriftzeilen im Adressstempel mit breitem Buntstift unterstrichen hat
  • Hand des Archivars, dermit Bleistift die Foliierung vorgenommen und Signaturen eingetragen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Adressstempel des Absenders Arnold Schönberg, mit violetter Tinte
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 123456

Zusammenfassung
Schönberg befürchtet hinter Busonis ausbleibender Antwort eine Verstimmung; vermeldet die Fertigstellung des Monodrams Erwartung; hat einen 10-Jahres-Vertrag mit der Universal-Edition abgeschlossen, bittet Busoni um entsprechende Mitteilung an Breitkopf & Härtel; schlägt Verlegung eines geplanten Konzerts mit eigenen Werken vor, um Busoni bei dessen Wien-Aufenthalt für eine Aufführung der Klavierstücke op. 11 zu gewinnen; ersucht um eine generelle Zusage Busonis, die Klavierstücke öffentlich zu spielen.
Incipit
ich vermisse schon seit langem

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
30. Januar 2020: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition
Frühere Ausgaben
Theurich 1977, S. 180 Theurich 1979, S. 175 f. (Brief), S. 87–90 (Kommentar) Beaumont 1987, S. 399 f.