Locarno MercolediItal.: „Mittwoch“ (16. Januar 1918).
15 Jan 1918Da Huber den Brief auf Mittwoch datiert und sich retrospektiv auf Busonis Konzerte vom 14./15. Januar 1918 bezieht, ist Busonis Datierung auf den 15. Januar 1918 (Dienstag) vermutlich falsch. Solche Vordatierungen um einen Tag durch den Empfänger sind kein Einzelfall; vgl. etwa den Brief vom 8. November 1917.23
Lieber Freund!
heute morgen bin ich mit dem
Gedanken an Ihre solistische Unter⸗ stützung des letzten Abonnementskzt’s
in Zürich erwacht & nehme an,
daß Ihnen die Durchführung der
heterogenen & doch nur einen halben
Ton von einander entfernten Aufgaben
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2301
so geglückt ist, daß Sie sich noch einige
Tage in dem Glanze des Erlebten
freuen dürfen.Busoni hatte am 14. und 15. Januar in Zürich unter Leitung von Volkmar Andreae mit dem Orchester der Tonhalle-GesellschaftMozartsKlavierkonzert d-Moll KV 466 sowie das Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur von Franz Liszt gespielt. Ursprünglich war MozartsKlavierkonzert c-Moll KV 491 geplant; Busoni entschied sich, wie er Andreae am 9. Oktober 1917 mitteilte, aber für das Konzert in d-Moll: „Inzwischen habe ich mir 3 Mozart’sche Klavierkonzerte durchgesehen u. gefunden, daß ‚das d moll‘ das bedeutsamste bleibt; dass im Übrigen […] sie alle ziemlich nach einem Schnitt gestaltet sind“ (vgl. Willimann 1994, S. 60 f.). Auf dem Programm standen außerdem die 4. Symphonie von Gustav Mahler sowie die Ouvertüre Le Carneval romain von Hector Berlioz (vgl. Busoni/Weindel 1999a, S. 395).
In dieser eigentlich
selbstverständlichen Annahme möchte
ich Sie um die Beantwortung folgd.
drei Fragen bitten, die aber kein
retour de courrierFrz.: „eilige Rückmeldung“, „postwendende Antwort“.
verlangen.
Locarno MercolediItal.: „Mittwoch“ (16. Januar 1918).
Lieber Freund!
heute morgen bin ich mit dem
Gedanken an Ihre solistische Unterstützung des letzten Abonnementskonzerts
in Zürich erwacht und nehme an,
dass Ihnen die Durchführung der
heterogenen und doch nur einen halben
Ton voneinander entfernten Aufgaben
so geglückt ist, dass Sie sich noch einige
Tage in dem Glanze des Erlebten
freuen dürfen.Busoni hatte am 14. und 15. Januar in Zürich unter Leitung von Volkmar Andreae mit dem Orchester der Tonhalle-GesellschaftMozartsKlavierkonzert d-Moll KV 466 sowie das Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur von Franz Liszt gespielt. Ursprünglich war MozartsKlavierkonzert c-Moll KV 491 geplant; Busoni entschied sich, wie er Andreae am 9. Oktober 1917 mitteilte, aber für das Konzert in d-Moll: „Inzwischen habe ich mir 3 Mozart’sche Klavierkonzerte durchgesehen und gefunden, daß ‚das d moll‘ das bedeutsamste bleibt; dass im Übrigen […] sie alle ziemlich nach einem Schnitt gestaltet sind“ (vgl. Willimann 1994, S. 60 f.). Auf dem Programm standen außerdem die 4. Symphonie von Gustav Mahler sowie die Ouvertüre Le Carneval romain von Hector Berlioz (vgl. Busoni/Weindel 1999a, S. 395).
In dieser eigentlich
selbstverständlichen Annahme möchte
ich Sie um die Beantwortung folgender
drei Fragen bitten, die aber kein
retour de courrierFrz.: „eilige Rückmeldung“, „postwendende Antwort“.
verlangen.
1. Wer ist Bruno Goetz?
Ich begreife vollständig; wenn Sie mir
sagen, dass derselbe in Ihrem Freundeskreise
lebt!Bruno Goetz hatte Busoni im Mai 1917 in Zürich kennengelernt und zählte bald zu dessen engstem Freundeskreis (vgl. Busoni/Weindel 2015, S. 1078).
Denn er besitzt die sichere Überlegenheit, die auch aus Ihnen herausströmt,
wenn Sie das Polemische reizt. Noch
selten hat mir ein Urteil über ein
an krankhafter Abnormität leidendes Schaffen
oder ein an parasitischer Ausbildung einzelner
künstlerischer Organe auf Kosten anderer
gesegnetes Individuum so imponiert
wie in diesem Artikel der Zürcherschen
Zeitschrift!In der NZZ vom 10. Dezember 1917 war ein Artikel von Goetz erschienen, der PfitznersPalestrina scharf kritisierte. Die ansonsten weithin gefeierte Uraufführung des Werks (Rectanus 2005, Sp. 469) war in der NZZ als „das Sprödeste und Trockenste, was man seit langem gehört hat“, abgetan worden (R. B. 1917, Sp. 3). Goetz’Artikel stellt jedoch einen vernichtenden Verriss dar: „dieser Musik fehlt es an lebendigem, göttlichem, freiem Geist; sie ist trocken, abstrakt gelehrt und gelegentlich sogar brutal. Sie ist ‚tief‘ im Sinne jener, denen Schwerfälligkeiten gleichbedeutend mit Tiefe sind“ (Goetz 1917, Sp. 6).
Seelisch kam ich nie zu
einem Verhältnis zu den Werken Pfitzners,
nur fiel mir immer eine Mischung
von Jüdischem und Christlichem sehr unangenehm in die Ohren. Ob das andere
nie empfunden haben?Dieser Vorwurf gegen Pfitzner, einen latenten Antisemiten (Rectanus 2005, Sp. 489), muss, ebenso wie zuvor genannten drastischen Kritikpunkte, vor dem Hintergrund der schwelenden Auseinandersetzung Busonis mit Pfitzner gelesen werden. Dieser hatte 1917 Busoni mit der Veröffentlichung seiner Schrift Futuristengefahr als Reaktion auf den Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst polemisch angegriffen (Riethmüller/Weindel/Shin 2000, Sp. 1384), da er sich und sein (der Vergangenheit verpflichtetes) Werk durch das revolutionäre Gedankengut von BusonisSchrift in den Grundfesten angegriffen sah (Vogel 1999, S. 12 ff.). Die Betroffenheit Busonis über Pfitzners Attacke schlug sich auch im Briefwechsel mit Huber nieder (vgl. v. a. den Brief vom 26. Mai 1917); Huber war also über den Konflikt genau im Bilde.
2. Am Abend sitzt Herr von Zweygberg
hie und da bei mir in einem Kreise
von Malern und Sculptoren.Dabei mag es sich u. a. um die Künstler Knut Åkerberg und Otto Roos handeln, welche mit Huber in Locarno verkehrten (vgl. Refardt 1944, S. 67 f.).
Aus
dem schweigsamen, nach
innen
verkehrenden,
aber sympathischen Manne habe ich entziffern
können, dass er seine Kunst, die er vor einigen
Wochen in Basel mit Erfolg ausgeübt hat,
mehr in die Welt heraustragen möchte.
Ob es wirklich künstlerische Lust ist,
oder ob Existenzfragen dabei mitwirken,
weiß ich nicht. Auf alle Fälle hat er Aspirationen
auf Ihre Mithilfe, weshalb ich annehme,
dass dabei eher künstlerische Motive mitvibrieren. In Basel will ich selbstverständlich
durch meine Freunde das Konzert arrangieren
und
prosperieren lassen. Nur wenn Sie
mit ihm die beiden Städte Lugano und
Locarno z. B. im März besuchen würden?
Da hätten Sie jedenfalls einen großen
Erfolg! Wie gern möchte ich dem jungen
republikanischenNach der russischen Oktoberrevolution hatte Finnland am 6. Dezember 1917 seine Unabhängigkeit erklärt und war im Januar 1918 von der Russischen SFSR sowie vielen weiteren Staaten anerkannt worden.Finnländer dieses
Glück gönnen!Vermutlich bezieht sich Hubers Bitte um Unterstützung für Lennart von Zweygberg auf ein seit Februar 1917 geplantes Konzert Busonis mit Zweygberg (Brief vom 5. Februar 1917), das am 2. oder 16. März 1917 im Basler Konservatorium stattfinden sollte und für Zweygberg von einiger wirtschaftlicher Bedeutung war (Brief vom 8. Februar 1917). Busoni vertagte das Vorhaben jedoch (Brief vom 9. Februar 1917) und ließ Hubers Bitte um Ersatztermine (Brief vom 11. Februar 1917) offenbar unbeantwortet. Da das fragliche Konzert in der zwischenzeitlichen Korrespondenz keine Rolle mehr spielt, wurde vermutlich kein Ersatztermin gefunden. Huber erinnert Busoni folglich an eine alte Abmachung.
–
3. Ich besitze einen vorzüglichen Schüler
in der Person des Bruders vom
Basler Konzertmeister Fritz Hirt.
Seit langer Zeit ist dieser Franz Josef Hirt die begabteste
Künstlernatur – auch in wissenschaftlicher
Beziehung aufgeweckt –, die mir
begegnete. Im Herbst möchte ich
ihn entwöhnen und einem anderen
Lehrer übergeben. Ich spreche mit diesen
Termini, weil der Jüngling mein
Patenkind repräsentiert. Und
nun: soll ich ihn Petri schicken?Hirt, seit 1913 Privatschüler Hubers und 1916–1918 Schüler des Basler Konservatoriums, führte tatsächlich seine Studien bei Petri fort (Refardt 1928, S. 135). Auch scheint Hirt am 8. April 1918 Busoni vorgespielt zu haben (Brief vom 9. April an Huber). Der Briefwechsel Busoni–Petri weist diesbezüglich keine Hinweise auf (vgl. Busoni/Weindel 1999a).
Mit dieser Dreiheit
schicke ich Ihnen eine Vielheit
von lieben Grüßen an alle Lieben
Ihres Hauses und zeichne als
Ihr treuer
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<note type="commentary" resp="#E0300318">Da <persName key="E0300125">Huber</persName> den Brief auf Mittwoch datiert und sich retrospektiv auf <persName key="E0300017">Busonis</persName> Konzerte vom <date when-iso="1918-01-14/1918-01-15">14./15. Januar 1918</date> bezieht, ist <persName key="E0300017">Busonis</persName> Datierung auf den <date when-iso="1918-01-15">15. Januar 1918</date> (Dienstag) vermutlich falsch. Solche Vordatierungen um einen Tag durch den Empfänger sind kein Einzelfall; vgl. etwa den <ref target="#D0100168">Brief vom 8. November 1917</ref>.</note>
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<salute rend="indent">Lieber Freund!</salute>
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2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML
Ich begreife vollständig; wen̅ Sie mir
sagen, daß derselbe in Ihrem Freundeskreise
lebt!Bruno Goetz hatte Busoni im Mai 1917 in Zürich kennengelernt und zählte bald zu dessen engstem Freundeskreis (vgl. Busoni/Weindel 2015, S. 1078).
Den̅ er besitzt die sichere Ueber⸗ legenheit, die auch aus Ihnen herausströmt,
wen̅ Sie das Polemische reizt. Noch
selten hat mir ein Urtheil über ein
an krankhafter Abnormität leidendes Schaffen,
oder ein an parasitischer Ausbildung einzelner
künstlerischer Organe auf Kosten anderer
gesegnetes Individuum so imponirt
wie in diesem Artikel der Zürcherschen
Zeitschrift!In der NZZ vom 10. Dezember 1917 war ein Artikel von Goetz erschienen, der PfitznersPalestrina scharf kritisierte. Die ansonsten weithin gefeierte Uraufführung des Werks (Rectanus 2005, Sp. 469) war in der NZZ als „das Sprödeste und Trockenste, was man seit langem gehört hat“, abgetan worden (R. B. 1917, Sp. 3). Goetz’Artikel stellt jedoch einen vernichtenden Verriss dar: „dieser Musik fehlt es an lebendigem, göttlichem, freiem Geist; sie ist trocken, abstrakt gelehrt und gelegentlich sogar brutal. Sie ist ‚tief‘ im Sinne jener, denen Schwerfälligkeiten gleichbedeutend mit Tiefe sind“ (Goetz 1917, Sp. 6).
Seelisch kam ich nie zu
einem Verhältniß zu den Werken Pfitzners,
nur fiel mir im̅er eine Mischung
von Jüdischem & Christlichem sehr unan⸗ genehm in die Ohren. Ob das Andere
nie empfunden haben?Dieser Vorwurf gegen Pfitzner, einen latenten Antisemiten (Rectanus 2005, Sp. 489), muss, ebenso wie zuvor genannten drastischen Kritikpunkte, vor dem Hintergrund der schwelenden Auseinandersetzung Busonis mit Pfitzner gelesen werden. Dieser hatte 1917 Busoni mit der Veröffentlichung seiner Schrift Futuristengefahr als Reaktion auf den Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst polemisch angegriffen (Riethmüller/Weindel/Shin 2000, Sp. 1384), da er sich und sein (der Vergangenheit verpflichtetes) Werk durch das revolutionäre Gedankengut von BusonisSchrift in den Grundfesten angegriffen sah (Vogel 1999, S. 12 ff.). Die Betroffenheit Busonis über Pfitzners Attacke schlug sich auch im Briefwechsel mit Huber nieder (vgl. v. a. den Brief vom 26. Mai 1917); Huber war also über den Konflikt genau im Bilde.
2. Am Abend sitzt Herr von Zweygberg hie & da bei mir in einem Kreise
von Malern und Sculptoren.Dabei mag es sich u. a. um die Künstler Knut Åkerberg und Otto Roos handeln, welche mit Huber in Locarno verkehrten (vgl. Refardt 1944, S. 67 f.).
Aus
dem schweigsamen, nach Ihnen
Innen
verkehrenden
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3Faksimile
3Diplomatische Umschrift
3XML
[2]
aber sympathischen Manne habe ich entziffern
kön̅en, daß er seine Kunst, die er vor einigen
Wochen in Basel mit Erfolg ausgeübt hat,
mehr in die Welt heraustragen möchte.
Ob es wirklich künstlerische Lust ist,
oder ob Existenzfragen dabei mitwirken,
weiß ich nicht. Auf alle Fälle hat er Aspirationen
auf Ihre Mithilfe, weßhalb ich eher, annehme,
daß dabei eher künstlerische Motive mitvi⸗ briren. In Basel will ich selbstverständlich
durch meine Freunde das Konzert arrangiren
&
prosperirenTranskription unsicher.
Alternative Lesart:
praepariren laßen. Nur wen̅ Sie
mit ihm die beiden Städte Lugano &
Locarno z. b. im März besuchen würden?
Da hätten Sie jedenfalls einen großen
Erfolg! Wie gern möchte ich dem jungen
retpublikanischenNach der russischen Oktoberrevolution hatte Finnland am 6. Dezember 1917 seine Unabhängigkeit erklärt und war im Januar 1918 von der Russischen SFSR sowie vielen weiteren Staaten anerkannt worden.Fin̅länder dieses
Glück gön̅en!Vermutlich bezieht sich Hubers Bitte um Unterstützung für Lennart von Zweygberg auf ein seit Februar 1917 geplantes Konzert Busonis mit Zweygberg (Brief vom 5. Februar 1917), das am 2. oder 16. März 1917 im Basler Konservatorium stattfinden sollte und für Zweygberg von einiger wirtschaftlicher Bedeutung war (Brief vom 8. Februar 1917). Busoni vertagte das Vorhaben jedoch (Brief vom 9. Februar 1917) und ließ Hubers Bitte um Ersatztermine (Brief vom 11. Februar 1917) offenbar unbeantwortet. Da das fragliche Konzert in der zwischenzeitlichen Korrespondenz keine Rolle mehr spielt, wurde vermutlich kein Ersatztermin gefunden. Huber erinnert Busoni folglich an eine alte Abmachung.
–
3. Ich besitze einen vorzüglichen Schüler
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Basler Konzertmeister Fritz Hirt.
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<lb/>Erfolg! Wie gern möchte ich dem jungen
<lb/>re<subst><del rend="overwritten">t</del><add place="across">p</add></subst>ublikanischen
<note type="commentary" resp="#E0300314">Nach der russischen Oktoberrevolution hatte <placeName key="E0500323">Finnland</placeName> am <date when-iso="1917-12-06">6. Dezember 1917</date> seine Unabhängigkeit erklärt und war im <date when-iso="1918-01">Januar 1918</date> von der <placeName key="E0500324">Russischen SFSR</placeName> sowie vielen weiteren Staaten anerkannt worden.</note>
<rs key="E0300206">Fi<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>länder</rs> dieses
<lb/>Glück gö<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>en!
<note type="commentary" resp="#E0300318">Vermutlich bezieht sich <persName key="E0300125">Hubers</persName> Bitte um Unterstützung für <persName key="E0300206">Lennart von Zweygberg</persName> auf ein seit <date when-iso="1917-02">Februar 1917</date> geplantes Konzert <persName key="E0300017">Busonis</persName> mit <persName key="E0300206">Zweygberg</persName> (<bibl><ref target="#D0100143">Brief vom <date when-iso="1917-02-05">5. Februar 1917</date></ref></bibl>), das am <date when-iso="1917-03-02">2.</date> oder <date when-iso="1917-03-16">16. März 1917</date> im <orgName key="E0600020"><placeName key="E0500097">Basler</placeName> Konservatorium</orgName> stattfinden sollte und für <persName key="E0300206">Zweygberg</persName> von einiger wirtschaftlicher Bedeutung war (<bibl><ref target="#D0100144">Brief vom <date when-iso="1917-02-08">8. Februar 1917</date></ref></bibl>). <persName key="E0300017">Busoni</persName> vertagte das Vorhaben jedoch (<bibl><ref target="#D0100145">Brief vom <date when-iso="1917-02-09">9. Februar 1917</date></ref></bibl>) und ließ <persName key="E0300125">Hubers</persName> Bitte um Ersatztermine (<bibl><ref target="#1917-02-11-hb">Brief vom <date when-iso="1917-02-11">11. Februar 1917</date></ref></bibl>) offenbar unbeantwortet. Da das fragliche Konzert in der zwischenzeitlichen Korrespondenz keine Rolle mehr spielt, wurde vermutlich kein Ersatztermin gefunden. <persName key="E0300125">Huber</persName> erinnert <persName key="E0300017">Busoni</persName> folglich an eine alte Abmachung.</note>
–
</item>
<item type="pre-split">
<seg type="list-item">3.</seg> Ich besitze einen vorzüglichen Schüler
<lb/>in der Person des Bruders vom
<lb/><placeName key="E0500097">Basler</placeName> Konzertmeister <persName key="E0300193" rend="latin">Fritz Hirt</persName>.
</item></list></div>
4Faksimile
4Diplomatische Umschrift
4XML
Seit langer Zeit ist dieser Franz- Joseph Hirt die begabteste
Künstlernatur – auch in wißenschaftlicher
Beziehung aufgeweckt –, die mir
begegnete. Im Herbst möchte ich
ihn auf entwöhnen & einem anderen
Lehrer übergeben. Ich spreche mit diesen
Termini, weil der Jüngling mein
Pathenkind repräesentirt. Und
nun: soll ich ihn Petri schicken?Hirt, seit 1913 Privatschüler Hubers und 1916–1918 Schüler des Basler Konservatoriums, führte tatsächlich seine Studien bei Petri fort (Refardt 1928, S. 135). Auch scheint Hirt am 8. April 1918 Busoni vorgespielt zu haben (Brief vom 9. April an Huber). Der Briefwechsel Busoni–Petri weist diesbezüglich keine Hinweise auf (vgl. Busoni/Weindel 1999a).
Mit dieser Dreiheit
schicke ich Ihnen eine Vielheit
von lieben Grüßen an Aalle Lieben
Ihres Hauses & zeichne als
Ihr treuer
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Seit langer Zeit ist dieser <persName key="E0300202">Franz<choice><orig><pc>-</pc><lb/>Joseph</orig><reg><lb/>Josef</reg></choice> Hirt</persName> die begabteste
<lb/>Künstlernatur – auch in wi<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>enschaftlicher
<lb/>Beziehung aufgeweckt –, die mir
<lb/>begegnete. Im Herbst möchte ich
<lb/>ihn <del rend="strikethrough">auf</del> entwöhnen <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> einem anderen
<lb/>Lehrer übergeben. Ich spreche mit diesen
<lb/><hi rend="latin">Termini</hi>, weil der Jüngling mein
<lb/>Pat<orig>h</orig>enkind reprä<sic>e</sic>senti<reg>e</reg>rt. Und
<lb/>nun: soll ich ihn <persName key="E0300031" rend="latin">Petri</persName> schicken?
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300202">Hirt</persName>, seit <date when-iso="1913">1913</date> Privatschüler <persName key="E0300125">Hubers</persName> und <date from-iso="1916" to-iso="1918">1916–1918</date> Schüler des <orgName key="E0600020"><placeName key="E0500097">Basler</placeName> Konservatoriums</orgName>, führte tatsächlich seine Studien bei <persName key="E0300031">Petri</persName> fort (<bibl><ref target="#E0800063"/>, S. 135</bibl>). Auch scheint <persName key="E0300202">Hirt</persName> am <date when-iso="1918-04-08">8. April 1918</date> <persName key="E0300017">Busoni</persName> vorgespielt zu haben (<ref target="#D0100181">Brief vom <date when-iso="1918-04-09">9. April</date></ref> an <persName key="E0300125">Huber</persName>). Der Briefwechsel <persName key="E0300017">Busoni</persName>–<persName key="E0300031">Petri</persName> weist diesbezüglich keine Hinweise auf (vgl. <bibl><ref target="#E0800038"/></bibl>).</note>
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<salute rend="indent-first">Mit dieser Dreiheit
<lb/>schicke ich Ihnen eine Vielheit
<lb/>von lieben Grüßen an <subst><del rend="overwritten">A</del><add place="across">a</add></subst>lle Lieben
<lb/>Ihres Hauses <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> zeichne als
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Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2301 | olim:
Mus.ep. H. Huber 75 (Busoni-Nachl. B II)
|
Brief von Hans Huber an Ferruccio Busoni (Locarno, vmtl. 16. Januar 1918), bearbeitet von Maximilian Furthmüller, in: Briefwechsel Ferruccio Busoni – Hans Huber, hrsg. von Christian Schaper und Ullrich Scheideler, Berlin: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, Januar 2017: Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, https://busoni-nachlass.org/D0100177 (16. Juni 2017: zur Freigabe vorgeschlagen)
Download der bereinigten Lesefassung im PDF-Dateiformat (.pdf)
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<title xml:lang="de">Brief von Hans Huber an Ferruccio Busoni (Locarno, vmtl. 16. Januar 1918)</title>
<title xml:lang="en">Letter by Hans Huber to Ferruccio Busoni (Locarno, prob. 16 January 1918)</title>
<author key="E0300125">Hans Huber</author>
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<surname>Furthmüller</surname>
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<publisher>Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin</publisher>
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<title type="main">Ferruccio Busoni – Briefe und Schriften</title>
<title type="genre">Briefe</title>
<title type="subseries" key="E010002">Briefwechsel Ferruccio Busoni – Hans Huber</title>
<editor key="E0300314">Christian Schaper</editor>
<editor key="E0300313">Ullrich Scheideler</editor>
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<collection>Nachlass Ferruccio Busoni</collection>
<idno>Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2301</idno>
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<idno type="D-B.olim">Mus.ep. H. Huber 75 (Busoni-Nachl. B II)</idno>
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<institution>Kalliope-Verbund</institution>
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<summary><persName key="E0300125">Huber</persName> erkundigt sich nach <persName key="E0300017">Busonis</persName> soeben absolvierten Abonnementkonzerten in <placeName key="E0500132">Zürich</placeName>; berichtet angetan von einem Artikel zu <persName key="E0300084">Pfitzners</persName> <title key="E0400165" rend="dq-du">Palestrina</title> von <persName key="E0300192">Bruno Goetz</persName>; bittet um künstlerische Unterstützung für <persName key="E0300206">Lennart von Zweygberg</persName>; fragt nach einem passenden Lehrer für seinen Schüler <persName key="E0300202">Franz Josef Hirt</persName>.</summary>
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<docDate><date when-iso="1918-01-16" cert="high"/>Mercoledi</docDate>
<docDate resp="#recipient" sameAs="#rec_date"><date when-iso="1918-01-15" cert="low"/></docDate>
<incipit>heute morgen bin ich mit dem Gedanken an Ihre solistische Unterstützung</incipit>
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<condition>Der Brief ist gut erhalten.</condition>
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<handNote xml:id="major_hand" scope="major" medium="black_ink" scribe="author" scribeRef="#E0300125">Hand des Absenders Hans Huber, Brieftext in schwarzer Tinte, in deutscher Kurrentschrift.</handNote>
<handNote xml:id="recipient" scope="minor" medium="black_ink" scribe="recipient" scribeRef="#E0300017">Hand des Empfängers Ferruccio Busoni, Datierung mit schwarzer Tinte</handNote>
<handNote xml:id="archive" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Foliierung mit Bleistift vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="arch_black_1" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die ursprüngliche Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="arch_black_2" scope="minor" medium="pencil" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die erneute Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="arch_red" scope="minor" medium="red_pen" scribe="archivist">Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="arch_red_2" scope="minor" medium="crayon" scribe="archivist">Hand des Archivars, der eine Nummerierung innerhalb der Korrespondenz mit Rotstift vorgenommen hat.</handNote>
<handNote xml:id="dsb_st_red" scope="minor" medium="red_ink" scribe="archivist">Bibliotheksstempel (rote Tinte)</handNote>
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<origPlace key="E0500183">Locarno</origPlace>
<origDate when-iso="1918-01-16" cert="high"/>
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<p>Erfassung von Briefen und Schriften von Ferruccio Busoni, ausgehend von Busonis Nachlass in der Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz.</p>
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<p>Worttrennungen an Zeilenumbrüchen im Original mit Doppelbindestrichen (⸗).</p>
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<punctuation marks="all" placement="external">
<p>Alle im Text vorkommenden Interpunktionszeichen wurden beibehalten und werden in der diplomatischen Umschrift wiedergegeben. Bei Auszeichnung durch XML-Elemente wurden umgebende Satzzeichen nicht mit einbezogen.</p>
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<quotation marks="none">
<p>Anführungszeichen wurden i. d. R. nicht beibehalten; die Art der Zeichen wurde im Attribut <att>rend</att> der entsprechenden Elemente codiert.</p>
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<p>Die Übertragung folgt den Editionsrichtlinien des Projekts. <ptr target="http://www.busoni-nachlass.org/E1000003"/></p>
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<persName ref="http://d-nb.info/gnd/118707469" key="E0300125">Huber, Hans</persName>
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<note type="shelfmark" place="margin-left" rend="rotate(-90)" resp="#arch_black_2">
<del rend="strikethrough" xml:id="delSig"><handShift new="#arch_black_1"/>Mus.ep. H. Huber 75 (Busoni-Nachl. <handShift new="#arch_red"/>B II)</del>
</note>
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive">[1]</note>
<opener>
<dateline rend="indent">
<hi rend="latin"><placeName key="E0500183">Locarno</placeName> Mercoledi</hi>
<note type="commentary" resp="#E0300318">Ital.: <mentioned rend="dq-du">Mittwoch</mentioned> (16. Januar 1918).</note>
</dateline>
<note type="dating" place="right" resp="#recipient" rend="underline" xml:id="rec_date">
<date when-iso="1918-01-15">15 Jan 1918</date>
<note type="commentary" resp="#E0300318">Da <persName key="E0300125">Huber</persName> den Brief auf Mittwoch datiert und sich retrospektiv auf <persName key="E0300017">Busonis</persName> Konzerte vom <date when-iso="1918-01-14/1918-01-15">14./15. Januar 1918</date> bezieht, ist <persName key="E0300017">Busonis</persName> Datierung auf den <date when-iso="1918-01-15">15. Januar 1918</date> (Dienstag) vermutlich falsch. Solche Vordatierungen um einen Tag durch den Empfänger sind kein Einzelfall; vgl. etwa den <ref target="#D0100168">Brief vom 8. November 1917</ref>.</note>
</note>
<note type="numbering" place="right" resp="#arch_red_2" rend="large">23</note>
<salute rend="indent">Lieber Freund!</salute>
</opener>
<p>heute morgen bin ich mit dem
<lb/>Gedanken an Ihre solistische Unter
<lb break="no"/>stützung des letzten Abonnements<choice><abbr>kzt’s</abbr><expan>konzerts</expan></choice>
<lb/>in <placeName key="E0500132">Zürich</placeName> erwacht <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> nehme an,
<lb/>da<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> Ihnen die Durchführung der
<lb/>heterogenen <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> doch nur einen halben
<lb/>Ton von<orig> </orig>einander entfernten Aufgaben
<note type="shelfmark" place="margin-left" rend="rotate(-90)" resp="#arch_black_2">
<add place="bottom-left" xml:id="addSig"><handShift new="#arch_black_2"/>Mus.Nachl. F. Busoni B II, 2301</add>
</note>
<substJoin target="#delSig #addSig"/>
<lb/>so geglückt ist, da<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> Sie sich noch einige
<lb/>Tage in dem Glanze des Erlebten
<lb/>freuen dürfen.
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300017">Busoni</persName> hatte am <date when-iso="1918-01-14/1918-01-15">14. und 15. Januar</date> in <placeName key="E0500132">Zürich</placeName> unter Leitung von <persName key="E0300129">Volkmar Andreae</persName> mit dem Orchester der <orgName key="E0600024">Tonhalle-Gesellschaft</orgName> <persName key="E0300010">Mozarts</persName> <title key="E0400224">Klavierkonzert d-Moll KV 466</title> sowie das <title key="E0400225">Klavierkonzert Nr. 1 Es-Dur</title> von <persName key="E0300013">Franz Liszt</persName> gespielt. Ursprünglich war <persName key="E0300010">Mozarts</persName> <title key="E0400224">Klavierkonzert c-Moll KV 491</title> geplant; <persName key="E0300017">Busoni</persName> entschied sich, wie er <persName key="E0300129">Andreae</persName> am <date when-iso="1917-10-09">9. Oktober 1917</date> mitteilte, aber für das <title key="E0400224">Konzert in d-Moll</title>: <q>Inzwischen habe ich mir 3 Mozart’sche Klavierkonzerte durchgesehen <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> gefunden, daß <rs key="E0400224"><soCalled>das d moll</soCalled></rs> das bedeutsamste bleibt; dass im Übrigen […] sie alle ziemlich nach einem Schnitt gestaltet sind</q> (vgl. <bibl><ref target="#E0800058"/>, S. 60 f.</bibl>). Auf dem Programm standen außerdem die <title key="E0400219">4. Symphonie</title> von <persName key="E0300047">Gustav Mahler</persName> sowie die Ouvertüre <title key="E0400226">Le Carneval romain</title> von <persName key="E0300005">Hector Berlioz</persName> (vgl. <bibl><ref target="#E0800038"/></bibl>, S. 395).</note>
In dieser eigentlich
<lb/>selbstverständlichen Annahme möchte
<lb/>ich Sie um die Beantwortung <choice><abbr>folgd.</abbr><expan>folgender</expan></choice>
<lb/>drei Fragen bitten, die aber kein
<lb/><foreign xml:lang="fr" rend="latin">retour de courrier</foreign>
<note type="commentary" resp="#E0300318">Frz.: <mentioned rend="dq-du">eilige Rückmeldung</mentioned>, <mentioned rend="dq-du">postwendende Antwort</mentioned>.</note>
verlangen.</p>
<list>
<item>
<seg type="list-item">1.</seg> Wer ist <persName key="E0300192" rend="latin">Bruno Goetz</persName>?
<pb n="2"/>
Ich begreife vollständig; we<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> Sie mir
<lb/>sagen, da<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> derselbe in Ihrem Freundeskreise
<lb/>lebt!
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300192">Bruno Goetz</persName> hatte <persName key="E0300017">Busoni</persName> im <date when-iso="1917-05">Mai 1917</date> in <placeName key="E0500132">Zürich</placeName> kennengelernt und zählte bald zu dessen engstem Freundeskreis (vgl. <bibl><ref target="#E0800023"/>, S. 1078</bibl>).</note>
De<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> er besitzt die sichere <choice><orig>Ue</orig><reg>Ü</reg></choice>ber
<lb break="no"/>legenheit, die auch aus Ihnen herausströmt,
<lb/>we<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> Sie das Polemische reizt. Noch
<lb/>selten hat mir ein Urt<orig>h</orig>eil über ein
<lb/>an krankhafter Abnormität leidendes Schaffen<orig>,</orig>
<lb/>oder <add place="above">ein</add> an parasitischer Ausbildung einzelner
<lb/>künstlerischer Organe auf Kosten anderer
<lb/>gesegnetes Individuum <hi rend="underline">so</hi> imponi<reg>e</reg>rt
<note type="stamp" place="margin-right" resp="#dsb_st_red">
<stamp rend="round border align(center) small">Deutsche
<lb/>Staatsbibliothek
<lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName>
</stamp>
</note>
<lb/>wie in <rs key="E0800061">diesem Artikel</rs> der <rs key="E0600026"><placeName key="E0500132">Zürcher</placeName>schen
<lb/>Zeitschrift</rs>!
<note type="commentary" resp="#E0300318">In der <orgName key="E0600026">NZZ</orgName> vom <date when-iso="1917-12-10">10. Dezember 1917</date> war ein <rs key="E0800061">Artikel</rs> von <persName key="E0300192">Goetz</persName> erschienen, der <persName key="E0300084">Pfitzners</persName> <title key="E0400165">Palestrina</title> scharf kritisierte. Die ansonsten weithin gefeierte Uraufführung des Werks (<bibl><ref target="#E0800066"/>, Sp. 469</bibl>) war in der <orgName key="E0600026">NZZ</orgName> als <q>das Sprödeste und Trockenste, was man seit langem gehört hat</q>, abgetan worden (<bibl><ref target="#E0800065"/>, Sp. 3</bibl>). <persName key="E0300192">Goetz’</persName> <rs key="E0800061">Artikel</rs> stellt jedoch einen vernichtenden Verriss dar: <q>dieser Musik fehlt es an lebendigem, göttlichem, freiem Geist; sie ist trocken, abstrakt gelehrt und gelegentlich sogar brutal. Sie ist <soCalled>tief</soCalled> im Sinne jener, denen Schwerfälligkeiten gleichbedeutend mit Tiefe sind</q> (<bibl><ref target="#E0800061"/>, Sp. 6</bibl>).</note>
<!-- Tiefe-Diskurs in der Entwurf-Debatte! -->
Seelisch kam ich nie zu
<lb/>einem Verhältni<choice><orig>ß</orig><reg>s</reg></choice> zu den Werken <persName key="E0300084" rend="latin">Pfitzners</persName>,
<lb/>nur fiel mir i<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>er eine Mischung
<lb/>von Jüdischem <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> Christlichem sehr unan
<lb break="no"/>genehm in die Ohren. Ob das <choice><sic>A</sic><corr>a</corr></choice>ndere
<lb/>nie empfunden haben?
<note type="commentary" resp="#E0300318">Dieser Vorwurf gegen <persName key="E0300084">Pfitzner</persName>, einen latenten Antisemiten (<bibl><ref target="#E0800066"/>, Sp. 489</bibl>), muss, ebenso wie zuvor genannten drastischen Kritikpunkte, vor dem Hintergrund der schwelenden Auseinandersetzung <persName key="E0300017">Busonis</persName> mit <persName key="E0300084">Pfitzner</persName> gelesen werden. Dieser hatte <date when-iso="1917">1917</date> <persName key="E0300017">Busoni</persName> mit der Veröffentlichung seiner Schrift <title key="E0800052">Futuristengefahr</title> als Reaktion auf den <title key="E0400043">Entwurf einer neuen Ästhetik der Tonkunst</title> polemisch angegriffen (<bibl><ref target="#E0800012"/>, Sp. 1384</bibl>), da er sich und sein (der Vergangenheit verpflichtetes) Werk durch das revolutionäre Gedankengut von <persName key="E0300017">Busonis</persName> <rs key="E0400043">Schrift</rs> in den Grundfesten angegriffen sah (<bibl><ref target="#E0800067"/>, S. 12 ff.</bibl>). Die Betroffenheit <persName key="E0300017">Busonis</persName> über <persName key="E0300084">Pfitzners</persName> Attacke schlug sich auch im Briefwechsel mit <persName key="E0300125">Huber</persName> nieder (vgl. v. a. den <ref target="#D0100159">Brief vom <date when-iso="1917-05-26">26. Mai 1917</date></ref>); <persName key="E0300125">Huber</persName> war also über den Konflikt genau im Bilde.</note>
</item>
<item>
<seg type="list-item">2.</seg> Am Abend sitzt <persName key="E0300206">Herr <seg rend="latin">von Zweygberg</seg></persName>
<lb/>hie <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> da bei mir in einem Kreise
<lb/>von Malern und Sculptoren.
<note type="commentary" resp="#E0300318">Dabei mag es sich u. a. um die Künstler <persName key="E0300209">Knut Åkerberg</persName> und <persName key="E0300210">Otto Roos</persName> handeln, welche mit <persName key="E0300125">Huber</persName> in <placeName key="E0500183">Locarno</placeName> verkehrten (vgl. <bibl><ref target="#E0800059"/>, S. 67 f.</bibl>).</note>
Aus
<lb/>dem schweigsamen, nach <subst>
<del rend="strikethrough">Ihnen</del>
<add place="above">
<choice><orig>I</orig><reg>i</reg></choice>nnen
</add>
</subst> verkehrenden<reg>,</reg>
<pb n="3"/>
<note type="foliation" place="top-right" resp="#archive">[2]</note>
aber sympathischen Manne habe ich entziffern
<lb/>kö<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>en, da<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> er seine Kunst, die er vor einigen
<lb/>Wochen in <placeName key="E0500097">Basel</placeName> mit Erfolg ausgeübt hat,
<lb/>mehr in die Welt heraustragen möchte.
<lb/>Ob es wirklich künstlerische Lust ist,
<lb/>oder ob Existenzfragen dabei mitwirken,
<lb/>weiß ich nicht. Auf alle Fälle hat er Aspirationen
<lb/>auf Ihre Mithilfe, we<choice><sic>ß</sic><corr>s</corr></choice>halb ich <del rend="overwritten">eher,</del> annehme,
<lb/>da<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice> dabei eher künstlerische Motive mitvi
<lb break="no"/>bri<reg>e</reg>ren. In <placeName key="E0500097" rend="latin">Basel</placeName> will ich selbstverständlich
<lb/>durch meine Freunde das Konzert arrangi<reg>e</reg>ren
<lb/><choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice>
<choice><unclear cert="high">prosperi<reg>e</reg>ren</unclear>
<unclear cert="low">pr<choice><orig>ae</orig><reg>ä</reg></choice>pari<reg>e</reg>ren</unclear></choice> la<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>en. Nur we<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice> Sie
<lb/>mit ihm die beiden Städte <placeName key="E0500227" rend="latin">Lugano</placeName> <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice>
<lb/><placeName key="E0500183" rend="latin">Locarno</placeName> z. <choice><orig>b</orig><reg>B</reg></choice>. im <date when-iso="1918-03">März</date> besuchen würden?
<lb/>Da hätten Sie jedenfalls einen großen
<lb/>Erfolg! Wie gern möchte ich dem jungen
<lb/>re<subst><del rend="overwritten">t</del><add place="across">p</add></subst>ublikanischen
<note type="commentary" resp="#E0300314">Nach der russischen Oktoberrevolution hatte <placeName key="E0500323">Finnland</placeName> am <date when-iso="1917-12-06">6. Dezember 1917</date> seine Unabhängigkeit erklärt und war im <date when-iso="1918-01">Januar 1918</date> von der <placeName key="E0500324">Russischen SFSR</placeName> sowie vielen weiteren Staaten anerkannt worden.</note>
<rs key="E0300206">Fi<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>länder</rs> dieses
<lb/>Glück gö<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>en!
<note type="commentary" resp="#E0300318">Vermutlich bezieht sich <persName key="E0300125">Hubers</persName> Bitte um Unterstützung für <persName key="E0300206">Lennart von Zweygberg</persName> auf ein seit <date when-iso="1917-02">Februar 1917</date> geplantes Konzert <persName key="E0300017">Busonis</persName> mit <persName key="E0300206">Zweygberg</persName> (<bibl><ref target="#D0100143">Brief vom <date when-iso="1917-02-05">5. Februar 1917</date></ref></bibl>), das am <date when-iso="1917-03-02">2.</date> oder <date when-iso="1917-03-16">16. März 1917</date> im <orgName key="E0600020"><placeName key="E0500097">Basler</placeName> Konservatorium</orgName> stattfinden sollte und für <persName key="E0300206">Zweygberg</persName> von einiger wirtschaftlicher Bedeutung war (<bibl><ref target="#D0100144">Brief vom <date when-iso="1917-02-08">8. Februar 1917</date></ref></bibl>). <persName key="E0300017">Busoni</persName> vertagte das Vorhaben jedoch (<bibl><ref target="#D0100145">Brief vom <date when-iso="1917-02-09">9. Februar 1917</date></ref></bibl>) und ließ <persName key="E0300125">Hubers</persName> Bitte um Ersatztermine (<bibl><ref target="#1917-02-11-hb">Brief vom <date when-iso="1917-02-11">11. Februar 1917</date></ref></bibl>) offenbar unbeantwortet. Da das fragliche Konzert in der zwischenzeitlichen Korrespondenz keine Rolle mehr spielt, wurde vermutlich kein Ersatztermin gefunden. <persName key="E0300125">Huber</persName> erinnert <persName key="E0300017">Busoni</persName> folglich an eine alte Abmachung.</note>
–
</item>
<item>
<seg type="list-item">3.</seg> Ich besitze einen vorzüglichen Schüler
<lb/>in der Person des Bruders vom
<lb/><placeName key="E0500097">Basler</placeName> Konzertmeister <persName key="E0300193" rend="latin">Fritz Hirt</persName>.
<pb n="4"/>
Seit langer Zeit ist dieser <persName key="E0300202">Franz<choice><orig><pc>-</pc><lb/>Joseph</orig><reg><lb/>Josef</reg></choice> Hirt</persName> die begabteste
<lb/>Künstlernatur – auch in wi<choice><orig>ß</orig><reg>ss</reg></choice>enschaftlicher
<lb/>Beziehung aufgeweckt –, die mir
<lb/>begegnete. Im Herbst möchte ich
<lb/>ihn <del rend="strikethrough">auf</del> entwöhnen <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> einem anderen
<lb/>Lehrer übergeben. Ich spreche mit diesen
<lb/><hi rend="latin">Termini</hi>, weil der Jüngling mein
<lb/>Pat<orig>h</orig>enkind reprä<sic>e</sic>senti<reg>e</reg>rt. Und
<lb/>nun: soll ich ihn <persName key="E0300031" rend="latin">Petri</persName> schicken?
<note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300202">Hirt</persName>, seit <date when-iso="1913">1913</date> Privatschüler <persName key="E0300125">Hubers</persName> und <date from-iso="1916" to-iso="1918">1916–1918</date> Schüler des <orgName key="E0600020"><placeName key="E0500097">Basler</placeName> Konservatoriums</orgName>, führte tatsächlich seine Studien bei <persName key="E0300031">Petri</persName> fort (<bibl><ref target="#E0800063"/>, S. 135</bibl>). Auch scheint <persName key="E0300202">Hirt</persName> am <date when-iso="1918-04-08">8. April 1918</date> <persName key="E0300017">Busoni</persName> vorgespielt zu haben (<ref target="#D0100181">Brief vom <date when-iso="1918-04-09">9. April</date></ref> an <persName key="E0300125">Huber</persName>). Der Briefwechsel <persName key="E0300017">Busoni</persName>–<persName key="E0300031">Petri</persName> weist diesbezüglich keine Hinweise auf (vgl. <bibl><ref target="#E0800038"/></bibl>).</note>
</item>
</list>
<closer>
<salute rend="indent-first">Mit dieser Dreiheit
<lb/>schicke ich Ihnen eine Vielheit
<lb/>von lieben Grüßen an <subst><del rend="overwritten">A</del><add place="across">a</add></subst>lle Lieben
<lb/>Ihres Hauses <choice><abbr>&</abbr><expan>und</expan></choice> zeichne als
<lb/>Ihr treuer
</salute>
<signed rend="align(right)"><persName key="E0300125">Hans Huber</persName></signed>
</closer>
</div>
</body>
</text>
</TEI>