Heinrich Schenker an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Wien · 15. November 1899

Faksimile
Diplomatische Umschrift
Lesefassung
XML
[1] Mus.ep. H. Schenker 17 (Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4429
Wien, 56.XI.1899

Lieber, guter Freund.

Wieder bin ich um eine leidige
Num̅er vorwärts gerückt, sogar
mit einem ersten Honorarchen! Dieses Honorar hatte Schenker für die jüngst im Oktober bei Weinberger erschienenen Syrischen Tänze erhalten (vgl. Bent/Bretherton/Drabkin 2014, S. 32).
Doch das Alles ist ein Praeludium.
Leider ist das Stipendium, Um welches Stipendium es sich dabei handelt und ob es gewährt wurde, konnte nicht ermittelt werden. Schenker erhielt zeit seines Lebens Unterstützung durch eine Reihe von Personen, wie etwa durch Sofie Deutsch oder Alfons v. Rothschild (vgl. Federhofer 1985, S. 37 ff.). dessen
ich sicher bin, noch nicht erledigt,
weshalb ich gehindert war nach
Berlin zu kom̅en, um mich mit Ihnen
über schrecklich schwere Dinge
zu berathen vor einer eventuellen Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Ausgabe.

Das Titelbild ist schauderhaft,
statt regelrechter ortodoxer Juden
eine Bajadere. Eine Ausgabe der Syrischen Tänze befindet sich in der Staatsbibliothek zu Berlin (DMS 46569), allerdings nicht im Nachlass Busonis. Busoni muss die Noten bereits kurz nach Erscheinen erhalten haben, da er sich schon Ende 1899 für das Werk bedankte (siehe den folgenden Brief). Tatsächlich zeigt das Titelbild eine Bajadere (siehe etwa Bent/Bretherton/Drabkin 2014, S. 51), eine (folkloristisch-)indische Tänzerin (vgl. hierzu Mendel 1870, S. 419 f.). So wird
man vom Verleger misverstanden. Obwohl das Werk Elemente jüdischer Musik aufgreift (Cook 2007, S. 225), verweigerte sich Schenker einer entsprechenden Titelgebung; vgl. v. a. die Briefe vom 3. und 9. September sowie 8. Oktober 1903.
Wann kom̅en Sie nach Wien? Busoni hielt sich nachweislich wieder im März 1900 in Wien auf, wo er am 18. und 21. März Konzerte gab (N. N. 1900g).

Ihr Sie treu u. hoch schätzender

H Schenker

Viele Handküsse
Ihrer Frau Gemalin.

Wien, 6.XI.1899

Lieber, guter Freund.

Wieder bin ich um eine leidige Nummer vorwärts gerückt, sogar mit einem ersten Honorarchen! Dieses Honorar hatte Schenker für die jüngst im Oktober bei Weinberger erschienenen Syrischen Tänze erhalten (vgl. Bent/Bretherton/Drabkin 2014, S. 32). Doch das alles ist ein Präludium. Leider ist das Stipendium, Um welches Stipendium es sich dabei handelt und ob es gewährt wurde, konnte nicht ermittelt werden. Schenker erhielt zeit seines Lebens Unterstützung durch eine Reihe von Personen, wie etwa durch Sofie Deutsch oder Alfons v. Rothschild (vgl. Federhofer 1985, S. 37 ff.). dessen ich sicher bin, noch nicht erledigt, weshalb ich gehindert war, nach Berlin zu kommen, um mich mit Ihnen über schrecklich schwere Dinge zu beraten, vor einer eventuellen Ausgabe.

Das Titelbild ist schauderhaft, statt regelrechter orthodoxer Juden eine Bajadere. Eine Ausgabe der Syrischen Tänze befindet sich in der Staatsbibliothek zu Berlin (DMS 46569), allerdings nicht im Nachlass Busonis. Busoni muss die Noten bereits kurz nach Erscheinen erhalten haben, da er sich schon Ende 1899 für das Werk bedankte (siehe den folgenden Brief). Tatsächlich zeigt das Titelbild eine Bajadere (siehe etwa Bent/Bretherton/Drabkin 2014, S. 51), eine (folkloristisch-)indische Tänzerin (vgl. hierzu Mendel 1870, S. 419 f.). So wird man vom Verleger missverstanden. Obwohl das Werk Elemente jüdischer Musik aufgreift (Cook 2007, S. 225), verweigerte sich Schenker einer entsprechenden Titelgebung; vgl. v. a. die Briefe vom 3. und 9. September sowie 8. Oktober 1903. Wann kommen Sie nach Wien? Busoni hielt sich nachweislich wieder im März 1900 in Wien auf, wo er am 18. und 21. März Konzerte gab (N. N. 1900g).

Ihr Sie treu und hoch schätzender

H. Schenker

Viele Handküsse Ihrer Frau Gemahlin.

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="foliation" place="top-right" resp="#archive">[1]</note> <note type="shelfmark" place="top-left" resp="#arch_black_2" rend="rotate(-90)"> <subst><del rend="strikethrough"><handShift new="#arch_black_1"/>Mus.ep. H. Schenker 17 (Busoni-Nachl. <handShift new="#arch_red"/>B II<handShift new="#arch_black_1"/>)</del><add place="below" resp="#arch_black_2">Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4429</add></subst> </note> <opener> <dateline rend="align(right)"><placeName key="E0500002">Wien</placeName>, <date when-iso="1899-11-06"><subst><del rend="overwritten">5</del><add place="across">6</add></subst>.XI.1899</date></dateline> <salute rend="indent space-above">Lieber, guter Freund.</salute> </opener> <p rend="space-above">Wieder bin ich um eine leidige <lb/>Nu<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>er vorwärts gerückt, sogar <lb/>mit einem ersten Honorarchen! <note type="commentary" resp="#E0300318">Dieses Honorar hatte <persName key="E0300024">Schenker</persName> für die jüngst im <date when-iso="1899-10">Oktober</date> bei <orgName key="E0600040">Weinberger</orgName> erschienenen <title key="E0400016">Syrischen Tänze</title> erhalten (vgl. <bibl><ref target="#E0800103"/>, S. 32</bibl>).</note> <lb/>Doch das <choice><orig>A</orig><reg>a</reg></choice>lles ist ein Pr<choice><orig>ae</orig><reg>ä</reg></choice>ludium. <lb/>Leider ist das Stipendium, <note type="commentary" resp="#E0300318">Um welches Stipendium es sich dabei handelt und ob es gewährt wurde, konnte nicht ermittelt werden. <persName key="E0300024">Schenker</persName> erhielt zeit seines Lebens Unterstützung durch eine Reihe von Personen, wie etwa durch <persName key="E0300392">Sofie Deutsch</persName> oder <persName key="E0300257">Alfons v. Rothschild</persName> (vgl. <bibl><ref target="#E0800079"/>, S. 37 ff.</bibl>).</note> dessen <lb/>ich sicher bin, noch nicht erledigt, <lb/>weshalb ich gehindert war<reg>,</reg> nach <lb/><placeName key="E0500029">Berlin</placeName> zu ko<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>en, um mich mit Ihnen <lb/>über schrecklich schwere Dinge <lb/>zu berat<orig>h</orig>en<reg>,</reg> vor einer eventuellen <note type="stamp" place="margin-left" resp="#dsb_st_red"> <stamp rend="round border align(center) small rotate(90)">Deutsche <lb/>Staatsbibliothek <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName> </stamp> </note> <lb/>Ausgabe.</p> <p>Das Titelbild ist schauderhaft, <lb/>statt regelrechter ort<reg>h</reg>odoxer Juden <lb/>eine Bajadere. <note type="commentary" resp="#E0300318">Eine Ausgabe der <title key="E0400016">Syrischen Tänze</title> befindet sich in der <orgName key="E0600056">Staatsbibliothek zu <placeName key="E0500029">Berlin</placeName></orgName> (<idno>DMS 46569</idno>), allerdings nicht im Nachlass <persName key="E0300017">Busonis</persName>. <persName key="E0300017">Busoni</persName> muss die Noten bereits kurz nach Erscheinen erhalten haben, da er sich schon Ende <date when-iso="1899">1899</date> für das Werk bedankte (siehe den <ref target="#D0100064">folgenden Brief</ref>). Tatsächlich zeigt das Titelbild eine Bajadere (siehe etwa <bibl><ref target="#E0800103"/>, S. 51</bibl>), eine (folkloristisch-)<placeName key="E0500808">indische</placeName> Tänzerin (vgl. hierzu <bibl><ref target="#E0800148"/>, S. 419 f.</bibl>).</note> So wird <lb/>man vom Verleger mis<reg>s</reg>verstanden. <note type="commentary" resp="#E0300318">Obwohl <rs key="E0400016">das Werk</rs> Elemente jüdischer Musik aufgreift (<bibl><ref target="#E0800224"/>, S. 225</bibl>), verweigerte sich <persName key="E0300024">Schenker</persName> einer entsprechenden Titelgebung; vgl. v. a. die Briefe vom <ref target="#D0100082"><date when-iso="1903-09-03">3.</date></ref> und <ref target="#D0100083"><date when-iso="1903-09-09">9. September</date></ref> sowie <ref target="#D0100084"><date when-iso="1903-10-08">8. Oktober 1903</date></ref>.</note> <lb/>Wann ko<choice><abbr>m̅</abbr><expan>mm</expan></choice>en Sie nach <placeName key="E0500002">Wien</placeName>? <note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300017">Busoni</persName> hielt sich nachweislich wieder im <date when-iso="1900-03">März 1900</date> in <placeName key="E0500002">Wien</placeName> auf, wo er am <date when-iso="1900-03-18">18.</date> und <date when-iso="1900-03-21">21. März</date> Konzerte gab (<bibl><ref target="#E0800143"/></bibl>).</note> </p> <closer> <salute rend="indent">Ihr Sie treu <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> hoch schätzender</salute> <signed rend="align(right)"><persName key="E0300024">H<reg>.</reg> Schenker</persName></signed> </closer> <postscript rend="bottom-left"> <p>Viele Handküsse <lb/>Ihrer <rs key="E0300059">Frau Gema<reg>h</reg>lin</rs>.</p> </postscript> </div>
2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML
[Rückseite von Textseite 1]
Nachlaß Busoni
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="objdesc" resp="#E0300318">[Rückseite von Textseite 1]</note> <note type="stamp" place="center" resp="#sbb_st_blue"> <stamp>Nachlaß Busoni</stamp> </note> </div>
3Faksimile
3Diplomatische Umschrift
3XML
[2]
[Seite 3 des Bogens]
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="foliation" place="top-right" resp="#archive">[2]</note> <note type="objdesc" resp="#E0300318">[Seite 3 des Bogens]</note> </div>
4Faksimile
4Diplomatische Umschrift
4XML
[Seite 4 des Bogens, vacat]
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="objdesc" resp="#E0300318">[Seite 4 des Bogens, vacat]</note> </div>
5Faksimile
5Diplomatische Umschrift
5XML
Herrn
Ferruccio B. Busoni
in Berlin.
W. Tauenzienstr. 1̇̇0
[…] unknown : Papier fehlt. 3/3
[…] unknown : Papier fehlt. 9
[…] unknown : Papier fehlt.
                                                                
<address xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"> <addrLine>Herrn</addrLine> <addrLine><persName key="E0300017">Ferruccio B. Busoni</persName></addrLine> <addrLine rend="align(center)"><seg rend="sup">in</seg> <placeName key="E0500029">Berlin</placeName>.</addrLine> <addrLine rend="align(center)">W. <placeName key="E0500359">Tauen<corr>t</corr>zienstr. <choice><orig>1̇̇</orig><reg>1</reg></choice>0</placeName></addrLine> </address>
<note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="bottom-left" resp="#post" rend="rotate(90)"> <stamp rend="align(center)"><gap extent="unknown" reason="paper-missing"/>3/3 <lb/><gap extent="unknown" reason="paper-missing"/>9 <lb/><gap extent="unknown" reason="paper-missing"/> </stamp> </note>
6Faksimile
6Diplomatische Umschrift
6XML
Abs: DrH Schenker
Wien, III. Richardg. 1̇1̇
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4429-
Beil.
Mus.ep. H. Schenker 17
Nachlaß Busoni B II
6.11.99
(o. Marke)
[Bestell]t
vom
Postamte 50
7.11.99
* 1¾ 2¾N *
17
                                                                
<address xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0"> <addrLine>Abs<reg>.</reg>: <persName key="E0300024">D<seg rend="sup">r</seg><reg>. </reg>H Schenker</persName></addrLine> <addrLine><placeName key="E0500002">Wien</placeName>, <rs key="E0500379">III.</rs> <placeName key="E0500380">Richard<choice><abbr>g.</abbr><expan>gasse</expan></choice> <choice><orig>1̇1̇</orig><reg>11</reg></choice></placeName></addrLine> </address>
<note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="shelfmark" place="center" resp="#arch_black_2" rend="align(center)"> <subst><add place="above"><handShift new="#arch_black_2"/>Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4429- <lb/><seg rend="align(right)">Beil.</seg></add><del rend="strikethrough"><handShift new="#arch_black_1"/>Mus.ep. H. Schenker 17 <lb/><stamp resp="#sbb_st_blue">Nachlaß Busoni <handShift new="#arch_red"/>B II</stamp></del></subst> </note> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" xml:id="archivist" type="dating" place="center" resp="#arch_black_3" rend="align(center)"> <date when-iso="1899-11-06">6.11.99</date> <lb/>(o. Marke) </note> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="stamp" place="bottom-left" resp="#post"> <stamp xml:id="post_rec" rend="round border align(center) rotate(180)"> <supplied reason="illegible" cert="high">Bestell</supplied>t <lb/>vom<lb/>Postamte 50 <lb/><date when-iso="1899-11-07">7.11.99</date> <lb/>* 1¾ 2¾N *</stamp> </note> <note xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="numbering" place="bottom-right" resp="#arch_black_4">17</note>

Dokument

doneStatus: zur Freigabe vorgeschlagen XML Faksimile Download / Zitation

Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4429 | olim: Mus.ep. H. Schenker 17 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten; Umschlagaufriss links (ohne Textverlust), Stempel wegen fehlender Briefmarke unvollständig.
Umfang
1 Bogen, 1 beschriebene Seite
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Heinrich Schenker, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Hand des Archivars, der die Foliierung mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die ursprüngliche Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die erneute Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der eine Datierung mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der eine Nummerierung innerhalb der Korrespondenz mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat.
  • Poststempel (schwarze Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 123456

Zusammenfassung
Schenker drückt sein Missfallen über die Titelgestaltung der Ausgabe der Syrischen Tänze aus; bedauert, sich nicht rechtzeitig mit Busoni beraten zu haben.
Incipit
Wieder bin ich um eine leidige Num̅er vorwärts gerückt, sogar mit einem ersten Honorarchen!

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler Theresa Menard Maximilian Furthmüller
bearbeitet von
Stand
29. Dezember 2018: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition
Frühere Ausgaben
Bent/Bretherton/Drabkin 2014, S. 32