Heinrich Schenker an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Wien · 2. Januar 1899

Faksimile
Diplomatische Umschrift
Lesefassung
XML
Mus.ep. H. Schenker 16 (Busoni-Nachl. B II)
Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4428
[1]
Wien, am 2 I 1899. Der Tintenabdruck am Ende der Seite lässt vermuten, dass die Datierung erst kurz vor der Faltung, also nach Verfassen des Briefes hinzugefügt wurde.

Lieber Freund!

Kaum habe ich den Brief weggeschickt, da
tritt ein neues Moment hervor, das mich wieder
zu Ihnen führt. Wäre es Ihnen möglich, am
2[…] 1 Zeichen: unleserlich. 4ten oder 257ten Februar hier in Wien mit
dem Geiger Thomson ein Doppelkonzert zu
spielen: (mit Orchester unter Leitung des
Conservatoriumsdirectors J. N. Fuchs) Thomson
spielt – horribile dictu! Bildungsspr.: „Schrecklich, dies zu sagen!“ – das Brahms Conzert,
Sie spielen, was Ihnen beliebt? Ist es
Ihnen ein moralisches Hinderniss, dass Sie mit
H. Alex. Rosé die Honorarbedingungen zu ver-
einbaren hätten? Wenn ich Sie einmal
richtig verstanden habe, meinten Sie, Sie
kön̅ten auch von Rosé einen Antrag accepti-
ren, wenn Sie Ihrer Obligation Hier im Sinne von „Verpflichtung“. gegenüber Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin

Wien, am 2.I.1899. Der Tintenabdruck am Ende der Seite lässt vermuten, dass die Datierung erst kurz vor der Faltung, also nach Verfassen des Briefes hinzugefügt wurde.

Lieber Freund!

Kaum habe ich den Brief weggeschickt, da tritt ein neues Moment hervor, das mich wieder zu Ihnen führt. Wäre es Ihnen möglich, am 24. oder 27. Februar hier in Wien mit dem Geiger Thomson ein Doppelkonzert zu spielen (mit Orchester unter Leitung des Konservatoriumsdirektors J. N. Fuchs): Thomson spielt – horribile dictu! Bildungsspr.: „Schrecklich, dies zu sagen!“ – das Brahms-Konzert, Sie spielen, was Ihnen beliebt? Ist es Ihnen ein moralisches Hindernis, dass Sie mit Herrn Alexander Rosé die Honorarbedingungen zu vereinbaren hätten? Wenn ich Sie einmal richtig verstanden habe, meinten Sie, Sie könnten auch von Rosé einen Antrag akzeptieren, wenn Sie Ihrer Obligation Hier im Sinne von „Verpflichtung“. gegenüber Gutmann ledig. Gutmann war seit 1884 Busonis Konzertagent u. a. für Österreich (Busoni/Weindel 2015, S. 814). Meine Zeilen haben also den Zweck, eventuell Herrn Rosé an Sie vorübergehend zu knüpfen, wenn es überhaupt geht. Ich bin mit Herrn Rosé privat sehr gut befreundet, Rosé hatte im Frühjahr 1899 die Konzerttournee Schenkers mit Johannes Messchaert (vgl. den Brief vom 2. Januar 1899) ermöglicht (Brief von Schenker an Hertzka vom 14. August 1912). und so erklärt sich, warum ich Ihnen dies geschrieben habe. Antwort erbeten entweder an mich, wenn nein, oder an Herrn Rosé, wenn ja. Eine Antwort Busonis liegt nicht vor; auch enthält der Busoni-Nachlass in diesem Zeitraum weder Korrespondenz mit Rosé noch mit Gutmann. Jedoch scheint das Konzert in anderer Besetzung und mit verändertem Programm am 26. Februar 1899 im Musikverein stattgefunden zu haben; statt Busoni spielte Cécile Chaminade (N. N. 1899f, S. 16). Die Anfrage Schenkers ließe sich dadurch erklären, dass der Agent Gutmann Anfang März drei Konzerte veranstaltete, bei denen u. a. Busoni als Solist auftrat (N. N. 1899g, S. 15).

Mit besten Grüßen an Sie und Ihre hochgeschätzte Frau Gemahlin

in Eile Ihr

H. Schenker

                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="shelfmark" place="top-left" resp="#arch_black_2"> <subst><del rend="strikethrough"><handShift new="#arch_black_1"/>Mus.ep. H. Schenker 16 (Busoni-Nachl. <handShift new="#arch_red"/>B II<handShift new="#arch_black_1"/>)</del><add place="below"><handShift new="#arch_black_2"/>Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4428</add></subst> </note> <note type="foliation" place="top-right" resp="#archive">[1]</note> <opener> <dateline rend="align(right) space-below"><placeName key="E0500002">Wien</placeName>, am <date when-iso="1899-01-02">2<choice><orig> I </orig><reg>.I.</reg></choice>1899</date>. <note type="commentary" resp="#E0300318">Der Tintenabdruck am Ende der Seite lässt vermuten, dass die Datierung erst kurz vor der Faltung, also nach Verfassen des Briefes hinzugefügt wurde.</note> </dateline> <salute rend="indent">Lieber Freund!</salute> </opener> <p type="pre-split" rend="space-above">Kaum habe ich <ref type="E010003" target="#D0100073">den Brief</ref> weggeschickt, da <lb/>tritt ein neues Moment hervor, das mich wieder <lb/>zu Ihnen führt. Wäre es Ihnen möglich, am <lb/><date when-iso="1899-02-24">2<subst><del rend="overwritten"><gap reason="illegible" extent="1" unit="char"/></del><add place="across">4</add></subst><choice><orig><seg rend="underline sup">ten</seg></orig><reg>.</reg></choice></date> oder <date when-iso="1899-02-27">2<subst><del rend="overwritten">5</del><add place="across">7</add></subst><choice><orig><seg rend="underline sup">ten</seg></orig><reg>.</reg></choice> Februar</date> hier in <placeName key="E0500002">Wien</placeName> mit <lb/>dem Geiger <persName key="E0300261">Thomson</persName> ein Doppelkonzert zu <lb/>spielen<orig>:</orig> (mit Orchester unter Leitung des <lb/><rs key="E0600049"><choice><orig>C</orig><reg>K</reg></choice>onservatoriums</rs>dire<choice><orig>c</orig><reg>k</reg></choice>tors <persName key="E0300259">J. N. Fuchs</persName>)<reg>:</reg> <persName key="E0300261">Thomson</persName> <lb/>spielt – <foreign xml:lang="la">horribile dictu</foreign>! <note type="commentary" resp="#E0300318">Bildungsspr.: <mentioned rend="dq-du">Schrecklich, dies zu sagen!</mentioned></note> – das <rs key="E0400256"><persName key="E0300009">Brahms</persName><choice><orig> C</orig><reg>-K</reg></choice>onzert</rs>, <lb/>Sie spielen, was Ihnen beliebt? Ist es <lb/>Ihnen ein moralisches Hindernis<orig>s</orig>, dass Sie mit <lb/><add place="margin-left"><choice><abbr>H.</abbr><expan>Herrn</expan></choice></add> <persName key="E0300258"><choice><abbr>Alex.</abbr><expan>Alexander</expan></choice> Rosé</persName> die Honorarbedingungen zu ver <lb break="no"/>einbaren hätten? Wenn ich Sie einmal <lb/>richtig verstanden habe, meinten Sie, Sie <lb/>kö<choice><abbr>n̅</abbr><expan>nn</expan></choice>ten auch von <persName key="E0300258">Rosé</persName> einen Antrag a<choice><orig>cc</orig><reg>kz</reg></choice>epti<reg>e</reg> <lb break="no"/>ren, wenn Sie Ihrer Obligation <note type="commentary" resp="#E0300318">Hier im Sinne von <mentioned rend="dq-du">Verpflichtung</mentioned>.</note> gegenüber <note type="stamp" place="bottom-center" resp="#dsb_st_red"> <stamp rend="round border align(center) small">Deutsche <lb/>Staatsbibliothek <lb/><placeName key="E0500029"><hi rend="spaced-out">Berlin</hi></placeName></stamp> </note> </p></div>
2Faksimile
2Diplomatische Umschrift
2XML

Guttmann ledig. Gutmann war seit 1884 Busonis Konzertagent u. a. für Österreich (Busoni/Weindel 2015, S. 814). Meine Zeilen haben
also den Zweck, eventuell H. Rosé
an Sie vorübergehend zu knüpfen, wenn
es überhaupt geht. Ich bin mit H. Rosé
privat sehr gut befreundet, Rosé hatte im Frühjahr 1899 die Konzerttournee Schenkers mit Johannes Messchaert (vgl. den Brief vom 2. Januar 1899) ermöglicht (Brief von Schenker an Hertzka vom 14. August 1912). u. so erklärt
sich, warum ich Ihnen dies geschrieben habe.
Antwort erbeten entweder an mich, wenn
nein, oder an H. Rosé, wenn ja. Eine Antwort Busonis liegt nicht vor; auch enthält der Busoni-Nachlass in diesem Zeitraum weder Korrespondenz mit Rosé noch mit Gutmann. Jedoch scheint das Konzert in anderer Besetzung und mit verändertem Programm am 26. Februar 1899 im Musikverein stattgefunden zu haben; statt Busoni spielte Cécile Chaminade (N. N. 1899f, S. 16). Die Anfrage Schenkers ließe sich dadurch erklären, dass der Agent Gutmann Anfang März drei Konzerte veranstaltete, bei denen u. a. Busoni als Solist auftrat (N. N. 1899g, S. 15).

Mit besten Grüssen an Sie u.
Ihre hochg. Frau Gemalin

in Eile Ihr

H Schenker

Nachlaß Busoni
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"><p rend="space-above" type="split"> <persName key="E0300251">Gu<sic>t</sic>tmann</persName> ledig. <note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300251">Gutmann</persName> war seit <date when-iso="1884">1884</date> <persName key="E0300017">Busonis</persName> Konzertagent u. a. für <placeName key="E0500091">Österreich</placeName> (<bibl><ref target="#E0800023"/>, S. 814</bibl>).</note> Meine Zeilen haben <lb/>also den Zweck, eventuell <persName key="E0300258"><choice><abbr>H.</abbr><expan>Herrn</expan></choice> Rosé</persName> <lb/>an Sie vorübergehend zu knüpfen, wenn <lb/>es überhaupt geht. Ich bin mit <persName key="E0300258"><choice><abbr>H.</abbr><expan>Herrn</expan></choice> Rosé</persName> <lb/>privat sehr gut befreundet, <note type="commentary" resp="#E0300318"><persName key="E0300258">Rosé</persName> hatte im Frühjahr <date when-iso="1899">1899</date> die Konzerttournee <persName key="E0300024">Schenkers</persName> mit <persName key="E0300225">Johannes Messchaert</persName> (vgl. den <ref target="#D0100073"> Brief vom <date when-iso="1899-01-02">2. Januar 1899</date></ref>) ermöglicht (<bibl><ref type="ext" target="http://mt.ccnmtl.columbia.edu/schenker/correspondence/letter/wslb_130_81412.html">Brief von <persName key="E0300024">Schenker</persName> an <persName key="E0300039">Hertzka</persName></ref> vom <date when-iso="1912-08-14">14. August 1912</date></bibl>).</note> <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> so erklärt <lb/>sich, warum ich Ihnen dies geschrieben habe. <lb/>Antwort erbeten entweder an mich, wenn <lb/>nein, oder an <persName key="E0300258"><choice><abbr>H.</abbr><expan>Herrn</expan></choice> Rosé</persName>, wenn ja. <note type="commentary" resp="#E0300318">Eine Antwort <persName key="E0300017">Busonis</persName> liegt nicht vor; auch enthält der <persName key="E0300017">Busoni</persName>-Nachlass in diesem Zeitraum weder Korrespondenz mit <persName key="E0300258">Rosé</persName> noch mit <persName key="E0300078">Gutmann</persName>. Jedoch scheint das Konzert in anderer Besetzung und mit verändertem Programm am <date when-iso="1899-02-26">26. Februar 1899</date> im <placeName key="E0500350">Musikverein</placeName> stattgefunden zu haben; statt <persName key="E0300017">Busoni</persName> spielte <persName key="E0300260">Cécile Chaminade</persName> (<bibl><ref target="#E0800097"/>, S. 16</bibl>). Die Anfrage <persName key="E0300024">Schenkers</persName> ließe sich dadurch erklären, dass der Agent <persName key="E0300251">Gutmann</persName> Anfang <date when-iso="1899-03">März</date> drei Konzerte veranstaltete, bei denen u. a. <persName key="E0300017">Busoni</persName> als Solist auftrat (<bibl><ref target="#E0800098"/>, S. 15</bibl>).</note> </p> <closer> <salute rend="align(center)">Mit besten Grü<choice><orig>ss</orig><reg>ß</reg></choice>en an Sie <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> <lb/>Ihre <choice><abbr>hochg.</abbr><expan>hochgeschätzte</expan></choice> <rs key="E0300059">Frau Gema<reg>h</reg>lin</rs></salute> <salute rend="align(center)">in Eile Ihr</salute> <signed rend="align(right)"><persName key="E0300024">H<reg>.</reg> Schenker</persName></signed> </closer> <note type="stamp" place="bottom-right" rend="space-above" resp="#sbb_st_blue"> <stamp>Nachlaß Busoni</stamp> </note> </div>
3Faksimile
3Diplomatische Umschrift
3XML
[2]
[Seite 3 des Bogens]
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="foliation" place="top-right" resp="#archive">[2]</note> <note type="objdesc" resp="#E0300318">[Seite 3 des Bogens]</note> </div>
4Faksimile
4Diplomatische Umschrift
4XML
[Seite 4 des Bogens, vacat]
                                                                
<div xmlns="http://www.tei-c.org/ns/1.0" type="split"> <note type="objdesc" resp="#E0300318">[Seite 4 des Bogens, vacat]</note> </div>

Dokument

doneStatus: zur Freigabe vorgeschlagen XML Faksimile Download / Zitation

Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 4428 | olim: Mus.ep. H. Schenker 16 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
1 Bogen, 2 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Heinrich Schenker, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Hand des Archivars, der die Foliierung mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die ursprüngliche Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die erneute Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Bleistift vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat.
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 1234

Zusammenfassung
Schenker bittet Busoni, ein Konzert Ende Februar in Wien zu geben, und schlägt als Verhandlungspartner Alexander Rosé vor.
Incipit
Kaum habe ich den Brief weggeschickt, da tritt ein neues Moment hervor

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler Theresa Menard Maximilian Furthmüller
bearbeitet von
Stand
29. Dezember 2018: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition