Robert Freund an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Zürich · 18. März 1899

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Mus. ep. R. Freund 6 (Busoni-Nachl. B II)
Mus. Nachl. F. Busoni B II, 1695
[1]

Lieber Herr Busoni! Wenig-
stens mit einigen Worten
muss ich auf Ihren herzl.
Brief antworten; Sie meiner
aufrichtigen Freundschaft zu
versichern halte ich für
überflüssig. —

Ihre Kritik des Huber’schen
Concertes unterschreibe ich
fast vollständig: meine Freund-
schaft für den Componisten
macht mich nicht blind,
über Umfang u. Grenzen
seines Talentes. Nur in

Lieber Herr Busoni! Wenigstens mit einigen Worten muss ich auf Ihren herzl. Brief antworten; Sie meiner aufrichtigen Freundschaft zu versichern halte ich für überflüssig. —

Ihre Kritik des Huber’schen Konzertes unterschreibe ich fast vollständig: meine Freundschaft für den Komponisten macht mich nicht blind über Umfang und Grenzen seines Talentes. Nur in

Bett Partituren Betreff des Scherzos glaube ich, dass Sie nach Einsicht der Partitur günstiger urteilen würden. Es ist ein wirklich feinsinniges und klangschönes Stück, mit Ausnahme des schwachen Überganges zur Repetition (Ende des Trios). Wegen der Zwiespältigkeit des Klaviersatzes aber, muss ich mich Ärmsten anklagen. Huber schreibt, wenn ich so sagen kann, einen schönen Hausmusik-Satz. Da

dieser nun in einigen Stellen gar zu dünn klang, so er laubte ich mir, ihn mit Zustimmung des Komponisten etwas brillanter zu setzen. Daher also die Mischung, die ich zugeben muss. —

Zur Auffindung der frühen Ausgabe der Rhapsodien Der Begriff der Rhapsodie wird heutzutage für Kompositionen verwendet, die keiner strikten musikalischen Form folgen. Es ist unklar, auf welche Kompositionen sich Freund hier bezieht. Das Verlagshaus Haslinger veröffentlichte zahlreiche Kompositionen namhafter Komponisten, es könnte beispielweise etwas von Beethoven oder Schubert gemeint sein. Der Verlag existierte unter diesem Namen bis 1875, also müssten erwähnte Rhapsodien und die weiter unten genannten Lieder vor diesem Jahr erschienen sein. gratuliere ich. Ich kenne bloß die ung. Lieder, wenn ich nicht irre, bei Haslinger in Wien erschienen; eine andere frühere Ausgabe kam

mir nie zu Gesicht. Ich freue mich darauf, bei meinem nächsten Berliner Aufenthalt in Ihrer Bibliothek wühlen zu dürfen. —

Mit herzlichsten Grüßen an Sie und Frau Busoni bin ich freundschaftlichst

Ihr R. Freund

Zürich 18/III
                                                                
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Bett Partituren Betreff des Scherzo’s glaube ich,
dass Sie nach Einsicht der Partitur günstiger
urtheilen würden. Es ist ein wirklich feinsin̅i-
ges u. klangschönes Stück, mit Ausnahme
des schwachen Überganges zur Repetition
(Ende des Trios). Wegen der Zwiespältigkeit
des Claviersatzes aber, muss ich mich Ärmsten
anklagen. Huber schreibt, wenn ich so sagen
kann, einen schönen Hausmusik-Satz. Da

                                                                
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dieser nun in einigen Stellen
gar zu dün̅ klang, so er
laubte ich mir, ihn mit
Zustim̅ung des Componisten,
etwas brillanter zu setzen.
Daher also die Mischung, die
ich zugeben muss. —

Zur Auffindung der frühen
Ausgabe der Rapsodien Der Begriff der Rhapsodie wird heutzutage für Kompositionen verwendet, die keiner strikten musikalischen Form folgen. Es ist unklar, auf welche Kompositionen sich Freund hier bezieht. Das Verlagshaus Haslinger veröffentlichte zahlreiche Kompositionen namhafter Komponisten, es könnte beispielweise etwas von Beethoven oder Schubert gemeint sein. Der Verlag existierte unter diesem Namen bis 1875, also müssten erwähnte Rhapsodien und die weiter unten genannten Lieder vor diesem Jahr erschienen sein. gra-
tuliere ich. Ich kenne
blos die ung. Lieder, wen̅
ich nicht irre, bei Haslinger
in Wien erschienen; eine
andere frühere Ausgabe kam

                                                                
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mir nie zu Gesicht. Ich freue
mich darauf bei meinem
nächsten Berliner Aufenthalt
in Ihrer Bibliothek wühlen
zu dürfen. —

Mit herzlichsten Grüssen an
Sie u. Frau Busoni bin
ich freundschaftlichst

Ihr
R. Freund

Zürich 18/III [1899]
                                                                
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Berlin
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Freund

Bestellt vom Postamte
20 3 99
7¼–8½V
Nachlaß Busoni B II
Mus. ep. R. Freund 6

Mus. Nachl. F. Busoni B II, 1695-Beil.
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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | Mus.Nachl. F. Busoni B II, 1695 | olim: Mus.ep. R. Freund 6 (Busoni-Nachl. B II) |

Nachweis Kalliope

Zustand
Der Brief ist gut erhalten.
Umfang
1 Bogen, 4 beschriebene Seiten
Kollation
Seitenfolge: 1, 4, 2, 3
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Robert Freund, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Vmtl. Hand des Empfängers Ferruccio Busoni, der auf der Umschlagrückseite die Zuordnung
  • Freund
  • mit Bleistift notiert hat.
  • Hand des Archivars, der die Signaturen mit Bleistift eingetragen und eine Foliierung vorgenommen hat.
  • Hand des Archivars, der die Zuordnung innerhalb des Busoni-Nachlasses mit Rotstift vorgenommen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Bibliotheksstempel (blaue Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)
Bildquelle
Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz: 123456

Zusammenfassung
Freund dankt Busoni für dessen Brief und stimmt dessen Kritik an Hubers Klavierkonzert Nr. 3 größtenteils zu.
Incipit
Wenigstens mit einigen Worten muss ich auf Ihren herzl. Brief antworten;

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
8. April 2008: in Korrekturphase (Transkription abgeschlossen, Auszeichnungen codiert, zur Korrekturlesung freigegeben)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition