Ferruccio Busoni to Arnold Schönberg arrow_backarrow_forward

Berlin · October 7, 1909

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* The * Library * of * Congress *

Lieber, verehrter
Herr Schönberg,
mein
scheinbares Schweigen ist ein-
fach dadurch erklärt, dass
mein letzter Brief an Sie ver-
-loren gegangen ist. Schade.
Er enthielt die Mittheilung,
dass Br. + H. sich für Ihre
Stücke interessirt (,das Schrei-
-ben der Firma […] 1 char: overwritten. war beigege-
ben) dass aber das Misver-
-ständnis eingetreten war,
dass Br. + H. glaubten, die
Stücke seien meine Trans-
scriptionen. Ich sagte Ihnen
dann noch, dass ich
jetzt froh waere, Ihnen
den Wortlaut meines
vorangegangen[en] Briefes
an Br. + H. treu mitge-

Lieber, verehrter Herr Schönberg,

mein scheinbares Schweigen ist einfach dadurch erklärt, dass mein letzter Brief an Sie verloren gegangen ist. Schade. Er enthielt die Mitteilung, dass Breitkopf & Härtel sich für Ihre Stücke interessiert (das Schreiben der Firma war beigegeben), dass aber das Missverständnis eingetreten war, dass Breitkopf & Härtel glaubten, die Stücke seien meine Transkriptionen. Ich sagte Ihnen dann noch, dass ich jetzt froh wäre, Ihnen den Wortlaut meines vorangegangenen Briefes an Breitkopf & Härtel treu mitgeteilt zu haben, und dass ich Ihre Order erwartete: ob ich die drei Originalstücke (mit oder ohne meine Bearbeitung) nun an Breitkopf & Härtel senden sollte.

Ist das klar? Da ich am 11. verreise, so bitte ich um umgehende Antwort. (Der weitere Verlauf Ihres Briefes gibt sie bereits.)

Wie freue ich mich, dass Ihr Monodram gelungen ist! Ich deutete mir wiederum Ihr Schweigen dadurch, dass Sie eifrigst an der Arbeit wären!

Unter den 871 (!) eingesandten Klavierstücken für das Signale-Preisausschreiben glaubte ich, Sie in einem Präludium und Fuge zu „erkennen“. (?) Jedenfalls kommt das Stück in die engere Wahl. Das Preisausschreiben in den Signalen für die musikalische Welt war in Nr. 22 (31. Mai 1909) annonciert worden; zur Jury zählten neben Busoni auch Gustav Hollaender und Philipp Scharwenka. Die Gewinner wurden in Nr. 49 (8. Dezember 1909) bekannt gegeben, darunter auch Präludium und Fuge cis-Moll von Karol Szymanowski sowie Präludium und Fuge b-Moll op. 1 von Willy Renner. Warum Schönberg später meinte, Busoni habe ihn in diesem Zusammenhang mit Louis Gruenberg verwechselt (vgl. Schönberg/Rufer 1974, S. 11), ist unklar; Gruenbergs Einsendung „Scène de ballet“ wurde ebenfalls prämiert.

Nun lese ich in Ihrem Briefe von der Vereinbarung mit der Universal-Edition und freue mich auch darüber herzlichst.

Eine förmliche Zusage, Ihre Stücke zu spielen, kann ich aus verschiedenen, leider konventionellen Gründen nicht geben, aber ich werde stets auf Ihrer Seite sein, wo nur von Ihnen die Rede ist oder die Gelegenheit einer solchen Rede geschaffen werden kann. –

Mit freundlichsten Grüßen, Ihr

Ihnen künstlerisch und menschlich ergebener

F. Busoni

.
7. Oktober 1909.

NB. Ihre Stücke haben mich auf die Idee einer neuen „Klavier-Notenschrift“ gebracht, die – wie ich glaube – ein „Fund“ ist.

                                                                
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erwartete: ob ich die
drei Originalstücke (mit
oder ohne […] 1 char: cancelled. meine Bear-
beitung
[…] 1 char: cancelled. ) nun an Br.
+ H.
senden sollte.

Ist das klar?
Da ich am 11. verreise
so bitte ich um umgehende
Antwort. (Der weitere Verlauf
Ihres Briefes gibt sie bereits.)

Wie freue ich mich,
dass Ihr Monodram
gelungen ist! Ich
deutete mir wiederum
Ihr Schweigen dadurch,
dass Sie eifrigst an der
Arbeit waeren!

                                                                
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Unter den 871 (!) eingesandten
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(?) Jedenfalls kommt das
Stück in die engere Wahl. Das Preisausschreiben in den Signalen für die musikalische Welt war in Nr. 22 (31. Mai 1909) annonciert worden; zur Jury zählten neben Busoni auch Gustav Hollaender und Philipp Scharwenka. Die Gewinner wurden in Nr. 49 (8. Dezember 1909) bekannt gegeben, darunter auch Präludium und Fuge cis-Moll von Karol Szymanowski sowie Präludium und Fuge b-Moll op. 1 von Willy Renner. Warum Schönberg später meinte, Busoni habe ihn in diesem Zusammenhang mit Louis Gruenberg verwechselt (vgl. Schönberg/Rufer 1974, S. 11), ist unklar; Gruenbergs Einsendung „Scène de ballet“ wurde ebenfalls prämiert.

Nun lese ich in Ihrem Briefe
von der Vereinbarung mit
der U. E. und freue mich
auch darüber herzlichst.

Eine förmliche Zusage,
Ihre Stücke zu spielen kann
ich aus verschiedenen,
leider conventionellen
Gründen leider nicht
geben, aber ich werde
stets auf Ihrer Seite sein

                                                                
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die Rede ist, oder die
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Rede geschaffen werden
kann. –

Mit freundlichsten
Grüssen, Ihr

Ihnen künstlerisch
u. menschlich ergebener

F. Busoni

[.]
7. Okt. 1909.

NB. Ihre Stücke haben
mich auf einedie Idee einer
neuen „Clavier-Notenschrift“
gebracht, die – wie ich glaube –
ein „Fund“ ist.

                                                                
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Provenance
USA | Washington, D. C. | The Library of Congress | Music Division | Arnold Schoenberg Collection |

proof Arnold-Schönberg-Center, Wien

Condition
Der Brief ist gut erhalten.
Extent
1 Bogen, 4 beschriebene Seiten
Hands/Stamps
  • Hand des Absenders
  • Ferruccio Busoni
  • , Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift.
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
Image source
The Library of Congress: 1234

Summary
Busoni vermutet den Verlust seines vorherigen Briefes, teilt dessen Inhalt und seine Bitte um Anweisungen erneut mit; meint beim Preisausschreiben der Signale für die musikalische Welt eine Einsendung Schönbergs erkannt zu haben; lehnt „aus verschiedenen, leider konventionellen Gründen“ eine Aufführungszusage der Klavierstücke op. 11 ab, fühlt sich durch diese aber zu einer „neuen ‚Klavier-Notenschrift‘ angeregt.
Incipit
mein scheinbares Schweigen ist einfach dadurch erklärt

Editors in charge
Christian Schaper Ullrich Scheideler
prepared by
Revision
January 11, 2020: proposed (transcription and coding done, awaiting proofreading)
Direct context
Preceding Following
Near in this edition
Previous editions
Theurich 1977, S. 181 Theurich 1979, S. 176 f. (Brief), S. 90–94 (Kommentar) Beaumont 1987, S. 400 f.