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                    Sehr geehrter Herr Doctor. Vielen Dank für Brief
                    und Aufsätze. Der Styl
 ist in allen durchwegs
 vornehm u. geistreich;
 dem Inhalte nach
 schaetze ich den Artikel
 über Brahms
                                                                Verfasst anlässlich von Brahms’ Tod, veröffentlicht in der Neuen Revue und in Die Zukunft.
                    
                    und den über „unpersönl. Musik“ am höchsten.
 Über Berlioz gehen
                    unsere Ansichten sehr
 auseinander,
                                                                Schenker fällt in seinen Aufsätzen ein vernichtendes Urteil über Berlioz, „der vor lauter Ehrgeiz die Musik krank machte“ (Schenker in Johannes Brahms, zit. nach Federhofer 1990, S. 228) und zeigt sich verwundert über die „Krankheit in Deutschland […], die man kurzweg ‚Berlioz und Liszt‘ nennen kann“ (Schenker 1897b, zit. nach ibid., S. 243 f.). Busoni dagegen war ein überzeugter Berlioz-Anhänger: Dieser sei „der einzige Komponist, der immer auf Erfindung hin arbeitet. Jede Seite gibt wieder Neues und Überraschendes“ (Busoni an Philipp Jarnach, Brief vom 7. Juni 1920). „Wie ist das zu erklären, dass die Franzosen so taub verbleiben diesem, ihrem Manne gegenüber? […] Berlioz’ Musik ist, bei allem, keusch.“ (ibid.).
                    
                    was ein-
 mal – in Wien – zu einem
 anregenden Disput
 Anlass geben soll. –
 
                    Freundl. Gruss
                        von meiner Frau.
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                    Sehr geehrter Herr Doktor. Vielen Dank für Brief
                     und Aufsätze. Der Stil
                     ist in allen durchwegs
                     vornehm und geistreich;
                     dem Inhalte nach
                     schätze ich den Artikel
                     über Brahms
                                                                Verfasst anlässlich von Brahms’ Tod, veröffentlicht in der Neuen Revue und in Die Zukunft.
                    
                    und den über „unpersönliche Musik“ am höchsten. Über Berlioz gehen
                     unsere Ansichten sehr
                     auseinander,
                                                                Schenker fällt in seinen Aufsätzen ein vernichtendes Urteil über Berlioz, „der vor lauter Ehrgeiz die Musik krank machte“ (Schenker in Johannes Brahms, zit. nach Federhofer 1990, S. 228) und zeigt sich verwundert über die „Krankheit in Deutschland […], die man kurzweg ‚Berlioz und Liszt‘ nennen kann“ (Schenker 1897b, zit. nach ibid., S. 243 f.). Busoni dagegen war ein überzeugter Berlioz-Anhänger: Dieser sei „der einzige Komponist, der immer auf Erfindung hin arbeitet. Jede Seite gibt wieder Neues und Überraschendes“ (Busoni an Philipp Jarnach, Brief vom 7. Juni 1920). „Wie ist das zu erklären, dass die Franzosen so taub verbleiben diesem, ihrem Manne gegenüber? […] Berlioz’ Musik ist, bei allem, keusch.“ (ibid.).
                    
                    was einmal – in Wien – zu einem
                     anregenden Disput
                     Anlass geben soll. – 
                    Freundlichen Gruß
                         von meiner Frau. | 
                                                            
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                <closer rend="align(right)"><salute>Herzlichst ergeben</salute>
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