Philipp Jarnach an Ferruccio Busoni arrow_backarrow_forward

Berlin · 16. Januar 1924

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Diplomatische Umschrift
Lesefassung
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N.Mus.Nachl. 30, 138
Berlin-Südende
Tempelhoferstr. 12 a
Tel. Südring 3295

Mein lieber Meister, – Ich guckte auch · Und zwar ·
auf Ihr Geheiß, im Tieck herum; mit anfänglichem
Pech; denn ich stieß auf Teile des „Phantasus“ ·
die wohl Hinter-Teile sind. Aber bald ward
meine Mühe belohnt (Novellen), wofür ich zu-
nächst Ihnen danken muß. – Da ich nicht weiß,
ob ich diese Woche dazu komme, bei Ihnen an-
zuklopfen – mein „Amt“ frißt mir die Zeit weg,
und auch bald die Geduld – möchte ich nicht
warten, mich für mein Nicht-Erscheinen am
13. Januar 1924Sonntag zu entschuldigen. Ich war etwas müde
u. mürrisch, hatte auch, wie befürchtet, keine
Plätze zu Strawinsky bekommen und faulenzte zu
Hause. Werden Sie zu Weills Stück kommen?
Oder zu einer Probe? Schwer wars, die Sache
in Gang zu bringen, doch hoffe ich, daß es an-
ständig wird. Vielen Dank für die freundliche
Untersuchung über Plattis Personalien, u. noch
mehr für die musikalische Art der Auskunft;
die Sonaten unseres – jetzo unzweifelhaften – Ve-

Mein lieber Meister,

Ich guckte auch. Und zwar, auf Ihr Geheiß, im Tieck herum; mit anfänglichem Pech; denn ich stieß auf Teile des „Phantasus“, die wohl Hinter-Teile sind. Aber bald ward meine Mühe belohnt (Novellen), wofür ich zunächst Ihnen danken muss. – Da ich nicht weiß, ob ich diese Woche dazu komme, bei Ihnen anzuklopfen – mein „Amt“ frisst mir die Zeit weg, und auch bald die Geduld –, möchte ich nicht warten, mich für mein Nicht-Erscheinen am 13. Januar 1924Sonntag zu entschuldigen. Ich war etwas müde und mürrisch, hatte auch, wie befürchtet, keine Plätze zu Strawinsky bekommen und faulenzte zu Hause. Werden Sie zu Weills Stück kommen? Oder zu einer Probe? Schwer war’s, die Sache in Gang zu bringen, doch hoffe ich, dass es anständig wird. Vielen Dank für die freundliche Untersuchung über Plattis Personalien, und noch mehr für die musikalische Art der Auskunft; die Sonaten unseres – jetzo unzweifelhaften – Venezianers wandern nach Mainz. In Mainz wurden im März 1924 bei Schott die Sonate in G-Dur und die Sonate in e-moll für Flöte und Klavier von Giovanni Platti in der Bearbeitung von Jarnach verlegt; im März 1936 folgte die Sonate in A-Dur. Dürft ich selber nach Venedig! – ein Gondellied dort komponieren, das den Klavierstücken sich würdig einreihte … ich kann so die Tage kaum ungestört arbeiten und werde nervös und böse, – mache gar kein Gondellied, sondern Sachen, von denen ich nicht weiß, ob sie mir gelingen werden. Es ist gewiss eine Unklugheit, sich nicht im sicheren Diesseits des erprobt Erreichbaren halten zu wollen. Aber …

Die allerherzlichsten Grüße! Ihr

PHJ. Alternative Lesart des mittleren Buchstaben: „R“ für Jarnachs zweiten Vornamen Raphael (so bei Weiss 1996, S. 376).

Berlin, den 16.1.24.
                                                                
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nezianers wandern nach Mainz. In Mainz wurden im März 1924 bei Schott die Sonate in G-Dur und die Sonate in e-moll für Flöte und Klavier von Giovanni Platti in der Bearbeitung von Jarnach verlegt; im März 1936 folgte die Sonate in A-Dur. Dürft ich selber
nach Venedig! – ein Gondellied dort komponieren,
daßs den Klavierstücken sich würdig einreihte … ich
kann so die Tage kaum ungestört arbeiten und
werde nervös und böse, – mache gar kein Gondel-
lied, sondern Sachen, von denen ich nicht weiß
ob sie mir gelingen werden. Es ist gewiß eine
Unklugheit, sich nicht im sicheren Diesseits des
erprobt Erreichbaren halten zu wollen. Aber .......

Die allerherzlichsten Grüße!
Ihr

PHJ. Transkription unsicher. Alternative Lesart:
PRJ.
Alternative Lesart des mittleren Buchstaben: „R“ für Jarnachs zweiten Vornamen Raphael (so bei Weiss 1996, S. 376).

Berlin den 16.1.24.
Preußischer
Staats-
bibliothek
zu Berlin
Kulturbesitz
                                                                
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zu Berlin
Kulturbesitz
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Überlieferung
Deutschland | Berlin | Staatsbibliothek zu Berlin · Preußischer Kulturbesitz | Musikabteilung mit Mendelssohn-Archiv | Nachlass Ferruccio Busoni | N.Mus.Nachl. 30,138 |

Nachweis Kalliope

Zustand
Brief und Umschlag sind gut erhalten.
Umfang
1 Blatt, 2 beschriebene Seiten
Hände/Stempel
  • Hand des Absenders Philipp Jarnach, Brieftext in schwarzer Tinte, in lateinischer Schreibschrift
  • Hand des Archivars, der mit Bleistift die Signaturen eingetragen hat
  • Bibliotheksstempel (rote Tinte)
  • Poststempel (schwarze Tinte)
  • Hand Gerda Busonis, die auf der Umschlagrückseite mit Bleistift das Jahr notiert hat

Zusammenfassung
Jarnach liest auf Busonis Empfehlung hin Ludwig Tiecks Novellen; bittet Busoni zu Probe oder Aufführung von Kurt Weills Frauentanz; bedankt sich für die Antwort auf seine Anfrage zu Giovanni Platti, von dem er zwei Sonaten bearbeitet hat und zum Druck bei Schott schickt.
Incipit
Ich guckte auch. Und zwar

Inhaltlich Verantwortliche
Christian Schaper Ullrich Scheideler
bearbeitet von
Stand
29. November 2021: zur Freigabe vorgeschlagen (Auszeichnungen überprüft, korrekturgelesen)
Stellung in diesem Briefwechsel
Vorausgehend Folgend
Benachbart in der Gesamtedition