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Mus. ep. F. Busoni 759 (Busoni Nachl. BI) Mus. Nachl. F. Busoni B I, 906
[1]
Sehr verehrte, liebe
Frau Jella,
ich freute mich Ihres Briefes
unsagbar. Inzwischen gelangte
allerlei Schmackhaftes ins Haus,
für das ich Ihnen danke.
Speicher und Truhen sind
zum Sprengen voll, wie
in den Bibelberichten.
Dem Brief vom 26.01.1924
ist zu entnehmen, dass Oppenheimer drei Pakete, u.a. gefüllt
mit Lebensmittel, an Busoni sendete.
– Mittlerweile war ich
wieder ein paar mal Krank:
jetzt sitzt wieder der Kleinere
Konvaleszent auf dem Größeren.
Ich bedarf seit anderthalb
Jahren vieler Geduld; durste
nach Thätigkeit, Beweglichkeit
und – öffentlichkeit: denn man
ist nun einmal ein Zirkus-gaul.
– Ich hoffe, dass Sie die
Ulrike Woytich nicht gelesen
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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Sehr verehrte, liebe
Frau Jella,
ich freute mich Ihres Briefes
unsagbar. Inzwischen gelangte
allerlei Schmackhaftes ins Haus,
für das ich Ihnen danke.
Speicher und Truhen sind
zum Sprengen voll, wie
in den Bibelberichten.
Dem Brief vom 26.01.1924
ist zu entnehmen, dass Oppenheimer drei Pakete, u.a. gefüllt
mit Lebensmittel, an Busoni sendete.
Mittlerweile war ich
wieder ein paar mal krank:
jetzt sitzt der Kleinere
Konvaleszent auf dem Größeren.
Ich bedarf seit anderthalb
Jahren vieler Geduld; durste
nach Tätigkeit, Beweglichkeit
und – Öffentlichkeit: denn man
ist nun einmal ein Zirkusgaul.
Ich hoffe, dass Sie die
Ulrike Woytich nicht gelesen
haben! Denn so gewandt auch
die Erzählung ist, so wirkt sie doch
sehr peinlich. Namentlich auf
den Eingeweihten (wie ich); geschweige
denn auf den unmittelbar Beteiligten!
Bereits im vorangegangen Brief spricht Busoni
davon, das Buch Ulrike Woytich zu lesen und dabei vertraute Parallelen
zu realen Personen (wie Molly Filtsch) und Geschehnissen zu erkennen.
Wohingegen ich–während meiner
Krankheit–die ganze Novellen-reihe F. Von Saars mit Freude
und Bewunderung durchgelesen
habe. Da ist jedes Wort wahr und
erlebt, und bei alter Schlichtheit
doch anregend. - Auch hier begegnete
mir manches persönlich-Bekannte,
das ich in der Rückschau gern
wieder sah.
Busoni meint hier möglicherweise Saars
Novellenreihe „Tragik des Lebens. Vier neue Novellen“ aus dem Jahr 1906.
- Schön waren die Tage
in Döbling, wo ich – ein Siebzehnjähriger–
mit Saar Tür an Tür hausen
durfte! Die prickelnden Herbst-morgen im Garten! Die scheinbar
unendlichen Lebensperspektiven,
die sich vor mir auftaten!
Busoni bezieht sich hier, wie auch in seinem Brief vom
19.05.1922, auf seine Zeit in Wien
und Döbling im Jahr 1873.
Busoni bewegte sich zu dieser Zeit im Kreise
namenhafter Schriftsteller, Musiker und Künstler, darunter befand sich auch der
Schriftsteller Ferdinand von Saar; vgl. Leichtentritt 1916, S. 8
Aber ich verfalle in
die Altersgewohnheit der
Reminiszenz, und habe doch
noch Einiges vor mir.
Ich lese, dass Hofmannsthal
auch die Jugendtür hinter
sich zugeschlagen. Und auch
von ihm erwarte ich noch Manches.
Hoffentlich geht’s bei ihm
nach Wunsch. – Und von
Ihnen selbst – werte Freundin –
erhoffe ich gute Nachrichten.
Möchten Sie bald eintreffen.–
Inzwischen grüße ich
Sie herzlich undverehrungsvoll
als Ihre treu ergebener
Ferruccio B
Am 8. Febr. 1924.
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BI, 906 [2]
haben! denn so gewandt auch
die Erzählung ist, so wirkt sie doch
sehr peinlich. Namentlich
Transkription unsicher.
auf
den Eingeweihten (wie ich); geschweige
denn auf den unmittelbar Betheiligten!
Bereits im vorangegangen Brief spricht Busoni
davon, das Buch Ulrike Woytich zu lesen und dabei vertraute Parallelen
zu realen Personen (wie Molly Filtsch) und Geschehnissen zu erkennen.
Wohingegen ich–während meiner
Krankheit–die ganze Novellen=- -Reihe F. Von Saar's mit Freude
und Bewunderung durchgelesen
habe. Da ist jedes Wort wahr und
erlebt, u. bei alter Schlichtheit
doch anregend. - Auch hier begegnete
mir manches persönlich-Bekannte,
das ich in der Rückschau gern
wieder sah.
Busoni meint hier möglicherweise Saars
Novellenreihe „Tragik des Lebens. Vier neue Novellen“ aus dem Jahr 1906.
- Schön waren die Tage
in Döbling, wo ich – ein Siebzehnjähriger–
mit Saar Thür an Thür hausen
durfte! Die prickelnden Herbst-
morgen im Garten! Die scheinbar
unendlichen Lebensperspektiven,
die sich vor mir aufthaten!
Busoni bezieht sich hier, wie auch in seinem Brief vom
19.05.1922, auf seine Zeit in Wien
und Döbling im Jahr 1873.
Busoni bewegte sich zu dieser Zeit im Kreise
namenhafter Schriftsteller, Musiker und Künstler, darunter befand sich auch der
Schriftsteller Ferdinand von Saar; vgl. Leichtentritt 1916, S. 8
Deutsche
Staatsbibliothek
Berlin
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BI, 906 [3]
Aber ich verfalle in
die Alters-gewohnheit der
Reminiszenz, und habe doch
noch Einiges vor mir.
Ich lese, dass Hofmannsthal
auch die Jugendthür hinter
sich zugeschlagen. Und auch
beivon ihm erwarte ich noch Manches.
Hoffentlich geht’s bei ihm
nach Wunsch. – Und von
Ihnen selbst – werthe Freundin –
erhoffe ich gute Nachrichten.
Möchten Sie bald eintreffen.–
Inzwischen grüße ich
Sie herzlich u.verehrungsvoll
als Ihre treu ergebener
Ferruccio B
Am 8 Febr. 1924.
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